Vom Glück der Suche
In meinem Italienurlaub habe ich einen Satz gelesen, der mich direkt angesprochen hat: Es gibt nicht nur die Suche nach dem Glück, es gibt auch das Glück der Suche. Wobei das italienische Wort „ricerca“ nicht nur Suche, sondern auch Forschen bedeutet.
Er konnte tagelang über einer Aufgabe grübeln
„Da ist was dran!“, habe ich gedacht. Und musste zuallererst an einen Freund aus der Studienzeit denken: Er hatte Physik studiert und für seine Diplomarbeit oft tagelang an derselben, ewig langen Gleichung gerechnet und über der Aufgabe gegrübelt. Mich hätte das wahnsinnig gemacht, aber er konnte damit gut umgehen, ja hatte sogar Freude daran. Auch wenn etwas nicht aufging, brachte ihn das weiter und der Lösung der Aufgabe näher. Ich habe ihn damals ziemlich bewundert für diese Haltung.
Manchmal entdecken Forschende, was sie gar nicht gesucht haben
In der Forschung scheint das so üblich zu sein: Es ist gar nicht klar, ob man zum gewünschten oder erwarteten Ergebnis kommt oder wie viele Irrwege vorher ausprobiert werden müssen. Ob es da um den ersehnten Corona-Impfstoff geht wie vor zwei Jahren oder um Bakterien, die sich von Plastik ernähren, von denen ich kürzlich in einer Reportage gehört habe. Und manchmal stoßen die Forschenden auf große Entdeckungen, die sie gar nicht gesucht haben, sozusagen nebenbei – auch das gehört zum Glück der Suche.
Die Freude über kleine Schritte, die mich weiterbringen
Übertragen auf mein Leben kenne ich auch beides: die Suche nach dem Glück und dem ganz großen Wurf – und das Glück der Suche, die vielen kleinen Schritte, die mich weiterbringen und über die ich mich manchmal freue.
Das Leben wird nie hundert Prozent perfekt
Und mit den Jahren wächst irgendwie auch die Einsicht, dass mein Leben ganz sicher nicht hundertprozentig perfekt werden wird - und das Leben der anderen auch nicht. Einfach, weil wir Menschen sind, mit Stärken und Schwächen - und mit manchem, was unterwegs auf der Strecke bleibt.
Ich muss gar nicht „das perfekte Glück“ finden
Ich finde, diese Einsicht entlastet. Das Wort vom Glück der Suche nimmt mir den Druck, das ganz große Glück finden zu müssen: den perfekten Lieblingsmenschen, den Traumjob, den Lebenssinn an sich. Und es macht Mut - und auch Lust darauf, die Suchbewegungen in meinem Leben wert zu schätzen und ja, sie auch zu genießen.
Neugierig und offen bleiben
Und jetzt wünsche ich mir einen Tag mit offenen Augen und mit neugieriger Freude an dem, was mir begegnet.