Ihr Suchbegriff
Beitrag anhören:
Ein kurzes Lächeln
Bild: pixabay

Ein kurzes Lächeln

Steffen Flicker
Ein Beitrag von Steffen Flicker, Schulleiter der katholischen Schule Marianum Fulda und Vorsitzender des Katholikenrates im Bistum Fulda
Beitrag anhören:

"Ihnen noch einen schönen Feierabend!" Mehr war es nicht als dieser Wunsch, den die Verkäuferin an einem Brezelstand am Bahnhof von einem Kunden hörte.

Die Verkäuferin lächelt und der Kunde auch. Ich schaue noch einmal zur Verkäuferin hinter deren Tresen. Sie lächelt immer noch und weil gerade kein anderer Kunde kommt, fängt sie an, etwas zu singen. Diese kurze Begebenheit, die ich zufällig mitbekomme, bringt mich zu Nachdenken.

Was kann so eine Situation bei Menschen auslösen? Hätte ich nicht am Bahnhof auf meinen Zug warten müssen, wäre mir das sicher gar nicht aufgefallen. Als ich später im Zug sitze, stelle ich mir die Frage: Weshalb auch ich manchmal so achtlos mit Menschen umgehe, denen ich nur kurz begegne.

Nehmen wir es wie Wilhelm von Humboldt: „…es sind die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben.“

Beim nächsten Mal möchte ich stärker darauf achten, dass ich den Menschen bewusst in den Blick nehme, dem ich begegne. Ich möchte darauf achten - achtsam sein. Umgekehrt möchte ich ja auch nicht, dass man mich einfach übersieht.

Eine ziemlich "kalte" Gesellschaft wäre das, wenn Menschen einander nicht mehr bewusst wahrnehmen. Finden Sie nicht auch?

"Was ihr dem Geringsten meiner Brüder tut, das habt ihr mir getan!" An diesen Satz, den Jesus zu seinen Freunden sagt, muss ich dabei denken. Es gibt kein "wichtig" und "unwichtig", was meine Mitmenschen angeht. Alle Menschen sind wertvoll. Als Christen glauben wir: Gott hat uns ins Dasein gerufen. "Gott schuf den Menschen, als Abbild Gottes schuf er ihn", so heißt es in der Schöpfungsgeschichte.

Alleine bin ich nicht viel wert – in der Gemeinschaft aber umso mehr

Als "Abbild Gottes" - das bedeutet in der Konsequenz: Wir sind also Gott ebenbürtig. In uns ist Gott. Und weil das so ist, besitzt jeder Mensch eine ganz besondere Würde - er ist wertvoll.

Wir Menschen sind aufeinander angewiesen - wir brauchen einander. Was kann ich als Einzelner schon alleine ausrichten? Immer wieder wird mir vor Augen geführt, dass ich Hilfe und Unterstützung von anderen Menschen benötige. Alleine bin ich verloren.

Das muss keine deprimierende Selbstreflexion sein. Im Gegenteil: Für mich ist es sehr heilsam, wenn ich merke: Ich benötige Unterstützung. Hier sind mir Grenzen gesetzt. Gut, dass ich nicht alleine auf der Welt bin.

Natürlich geht dieser Leitgedanke auch in meinem Alltagsleben manchmal unter. Es kommt vor, dass ich unachtsam bin. Aber eigentlich sollte ich mir dies immer wieder bewusst machen: Jeder Mensch ist wertvoll und verdient daher meine Aufmerksamkeit. Nicht "aufgesetzt" - sondern ganz natürlich, im alltäglichen Umgang miteinander wie an diesem Brezelstand.

Ich nehme mir dies vor - und nicht erst bei der nächsten Zugfahrt.

 

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren