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Hindernisse überwinden
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Hindernisse überwinden

Ein Beitrag von Dr. Christine Lungershausen, Evangelische Pfarrerin, Eschborn
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Eine Freundin erzählt mir, was sie mit ihrer Tochter Luise in der Grundschule erlebt hat. Sie ist jetzt noch aufgebracht. Die Mathelehrerin hat ihre Tochter in der Gruppe begrüßt: „Das ist Luise. Luise ist behindert. Spielt nur ganz vorsichtig mit ihr!“ Luise schaut ihre Mutter erschreckt an. „Mama, stimmt das?“

Auch übertriebene Vorsicht kann ausgrenzen

Die Mutter sagt: „Nein, Liebes, Du hast Diabetes. Das heißt, du musst mit uns besprechen, was du isst. Aber spielen kannst du wie alle anderen.“ Nachher spricht meine Freundin die Lehrerin darauf an: „Bitte vermitteln Sie den Kindern nicht, dass sie meine Tochter wie ein rohes Ei behandeln müssen. Fußball spielen, auf Geräten hüpfen... das geht doch alles.“ Die Mathelehrerin hat es sicher gut gemeint. Aber genau dadurch hat sie zusätzliche Hindernisse aufgestellt. Auch übertriebene Vorsicht kann ausgrenzen.

Menschen behindern, indem sie andere nicht mitdenken

Behindern heißt eben auch: Ein Mensch hindert einen anderen daran, sich zu entwickeln. Behindern ist ein Tätigkeitswort. Viele Hindernisse entstehen, wenn man andere Menschen nicht mitdenkt. Menschen, die hüpfen, springen und tanzen können, beachten nicht, dass man zu einer Veranstaltung ausschließlich über eine Treppe kommt. Oder Menschen halten mit ihren Autos mitten auf dem Gehweg und übersehen, dass man mit Kinderwagen oder Rollator nicht vorbeikann. Menschen behindern, indem sie andere nicht mitdenken.

Dauerhafte Leiden erfordern Anstrengung und Kraft aller in der Umgebung

Chronische Krankheiten wie zum Beispiel Diabetes sind im Alltag tatsächlich das: Dauerhafte Leiden. Sie erfordern Anstrengung und Kraft aller in der Umgebung. Wie weit sie die Beteiligten aber daran hindern, das Leben miteinander zu gestalten, das haben sie gemeinsam in der Hand.

Ein gelähmter Mann möchte zu Jesus

Wie diese Menschen in die Mitte der Gesellschaft kommen, finde ich in einer biblischen Geschichte. Ein Mann lebt schon lange mit gelähmten Beinen. Er will unbedingt zu Jesus, weil er gehört hat, dass Jesus Kranke heilt. Doch er kommt nicht durch. Da sind zu viele andere und die versperren den Zugang.

Seine Freunde finden einen Weg

Doch der Mann hat Freunde und die bringen ihn auf eine besondere Weise zu Jesus. Sie steigen auf das Dach und tragen die Ziegel ab. So entsteht ein Loch. Durch das Loch lassen sie ihn herunter. Unten kommt er mitten in der Versammlung an, direkt vor Jesus. Das, was ihn gehindert hat, zu Jesus zu kommen, räumen seine Freunde bewusst weg. Und der, der Hilfe braucht, landet dort, wo er sie bekommt.

Abtragen, was behindert

Die Frage lohnt sich: Behindere ich jemanden, sei es durch ein Auto oder Treppenstufen, sei es durch unangebrachte Vorsicht? Oder räume ich mit anderen das Dach ab, damit die, die es besonders nötig haben, in die Mitte der Gesellschaft kommen? Denn Krankheiten bedeuten schon genug Einschränkungen und Schmerzen, die man nicht verhindern kann. Umso besser, wenn sich andere Behinderungen durch Aufmerksamkeit wegräumen lassen. Tragen wir also ab, was behindert.

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