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Geborgen sein im Dunkel
Bild: unsplash / Bethany Zwag

Geborgen sein im Dunkel

Gabriele Heppe-Knoche
Ein Beitrag von Gabriele Heppe-Knoche, Evangelische Pfarrerin, Kassel
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Der offizielle Beginn des Frühlings ist noch einige Wochen entfernt. Trotzdem habe ich bereits begonnen, mich vom Winter zu verabschieden. Zuerst räume ich die Kerzen weg, die seit November für die langen dunklen Nachmittage und Abende bereitstehen. Die Wolldecken wandern erstmal in die Waschmaschine und dann ordentlich zusammengelegt in den Schrank. Ich muss dabei lachen. Ich komme mir vor wie ein Bär, der sich nach dem Winterschlaf langsam aus seiner Höhle herausarbeitet. 

Was die Wintermonate in mir auslösen

Tatsächlich empfinde ich die langen, dunklen Wintermonate wie einen Winterschlaf. Auch wenn natürlich der Alltag weitergeht mit Beruf, mit Hausarbeit und Kontakten. Aber es ist doch anders. Die dunklen Tage halten mich eher im Haus. Wenn das Wetter unwirtlich ist, gehe ich nur für die notwendigsten Besorgungen nach draußen. Der Garten hält ebenfalls Winterruhe und fordert nichts von mir. 

Die Wohnung wird zum Rückzugsort. Manchmal sitze ich einfach da und erlebe, wie die Dämmerung einsetzt bis dann Dunkelheit das ganze Haus und auch mich umhüllt. Meine Großmutter sagte dazu immer: „Dämmerstündchen“. Als Kind habe ich oft mit ihr am Fenster gesessen und diesen Übergang beobachtet. Von der Aktivität und der Anstrengung des Tages in die Ruhe und Geborgenheit der Nacht.

Dunkelheit ist nicht nur bedrohlich

Viele Menschen empfinden Dunkelheit als bedrohlich oder bedrückend. In Filmen droht in der Dunkelheit meist Gefahr. Aber es gibt auch diese andere Seite. Die schöne, bergende Seite der Dunkelheit. Nur im Dunkeln leuchten die Fenster so warm aus den Wohnungen, wenn ich durch die Straßen gehe. Gerade in der Advents- und Weihnachtszeit mit ihren vielen Lichtern habe ich das wie einen freundlichen Gruß genossen. 

Dunkle Wintertage lassen einen auch zur Ruhe kommen

Die dunklen Wintertage laden ein, zur Ruhe zu kommen, zur Besinnung. Sie führen mich näher zu mir selbst. Ich spüre dann oft den vergangenen Monaten nach. Denke an schöne Momente und an schwierige Erfahrungen. Lasse vieles noch einmal vor meinem inneren Auge vorbeiziehen. Ich bilanziere mein Leben vor mir selbst und vor Gott. Er sieht mich. Das spüre ich an den dunklen Tagen mehr als im gleißenden Licht des Sommers. 

Auch in dunklen Stunden Gottes Nähe spüren

Im 139. Psalm heißt es von Gott: Dunkelheit ist nicht dunkel bei dir. (Ps 139,12) Im ganzen Psalm geht es um die enge Verbindung, die Gott zum Menschen hält. Es wird in vielen Bildern beschrieben, dass Gott nahe ist und mich sieht, wo immer ich mich auf meinem Lebensweg befinde. Auch dann noch, wenn ich mich von Gott entfernt habe, wenn mir Gottes Gegenwart gar nicht bewusst ist. Er ist da und hält seine Hand über mir. Er durchdringt die Dunkelheit und nimmt ihr alles Bedrohliche. So gesehen erscheint mir die Dunkelheit und die Nacht wie eine Decke. Eine Decke, in der ich eingehüllt bin in Gottes Nähe.
 

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