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Betteln verboten
Bild: pexels / mart-production

Betteln verboten

Gabriele Heppe-Knoche
Ein Beitrag von Gabriele Heppe-Knoche, Evangelische Pfarrerin, Kassel
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Er sitzt zwischen all den Menschen, die in der Fußgängerzone hin und herlaufen. Plastiktüten in den Händen und mit gesenktem Blick. Er sitzt vor einem der großen Schaufenster, vor ihm eine alte Dose. Ein paar Münzen liegen schon drin. Eher gelbe als silberne. 

Ein gewohnter Anblick: Bettler in unseren Straßen

Er bettelt und das ist nichts Ungewöhnliches. Seit vielen Jahren haben wir uns an diesen Anblick gewöhnt. Menschen sitzen in den großen Einkaufsstraßen und bitten um etwas Geld. Auch sonntags vor oder nach dem Gottesdienst stehen Einzelne draußen vor der Kirchentür der großen Innenstadtkirchen und bitten um einen Euro.

Im Genf des 16. Jahrhunderts war Betteln verboten. 

Armut beseitigen- nach Calvin eine Aufgabe für die christliche Gemeinde
Der Reformator Johannes Calvin hat damals in der Stadt Genf Regeln für das Zusammenleben aufgestellt. Sie sollten biblischen Vorgaben gerecht werden. Und deshalb war Betteln verboten. Nicht etwa, weil ihn die Bettler störten, oder weil er von ihnen nicht angesprochen werden wollte. Calvin ist vehement dafür eingetreten, dass es in einer christlichen Stadt keine Bettler geben darf. Kein Mensch darf in eine Situation geraten, in der ihm nur noch das Betteln bleibt. Armut zu beseitigen ist für Johannes Calvin eine Herausforderung für die christliche Gemeinde, - ein Anstoß, für die zu sorgen, die Not leiden. „Wo Gott erkannt wird, da wird auch Menschlichkeit gepflegt“, sagt er, als er das Buches des Propheten Jeremia auslegt.

Angesichts von Armut sich hilflos fühlen

Mir ist das nachgegangen. Damals waren die Menschen viel weniger abgesichert als heute. Viele waren ihr ganzes Leben lang arm. Die Geburt hat noch viel stärker als heute darüber entschieden, ob man sein Leben in Armut führen würde oder im Reichtum. In dieser Zeit hat Calvin gefordert, sich niemals an die Armut zu gewöhnen, sondern Menschlichkeit zu pflegen.

Wenn ich heute armen Menschen auf der Straße begegne oder von Menschen höre oder lese, denen das Lebensnotwendigste fehlt, fühle ich mich oft hilflos. Mit gutem Willen allein kann ich vielleicht an einigen Stellen etwas lindern, aber Armut beseitigen, - das ist so schwer und für einen allein ganz unmöglich. 

Was ich von dem Reformator Calvin lernen kann

Calvin hat damals zuerst auf seine Stadt Genf gesehen. Dort hat er Einfluss, dort kann er etwas tun. Von ihm kann ich lernen, mich nicht zu schnell mit meinen begrenzten Möglichkeiten abzufinden. Lieber genauer hinsehen, wo ich doch helfen kann. Viele Organisationen leisten hier professionelle und gute Hilfe. Ich kann sie unterstützen. Mit einer Spende oder ich kann bei der Tafel mitarbeiten, in Wärmestuben helfen und in Suppenküchen. Helfen mit meinen Gaben und meinem Vermögen. 

Ich will mich nicht daran gewöhnen, dass Menschen zwischen uns sitzen und betteln, so als wäre Armsein und Reichsein von Gott gegeben. Das ist es nicht. Armut ist ein ständiger Anstoß damals in Genf und genauso heute.

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