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Grüß Gott – wenn du ihn siehst
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Grüß Gott – wenn du ihn siehst

Eva Reuter
Ein Beitrag von Eva Reuter, Katholische Pastoralreferentin, Betriebsseelsorge im Bistum Mainz / Regionalstelle Rheinhessen
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Guten Morgen! Oder: Hallo! – ich grüße Sie, liebe Hörerinnen und Hörer! – Wir sehen uns ja nicht, aber ich hoffe, mein Gruß klingt freundlich, auch ohne sichtbares Lächeln.

Ich werde wahrgenommen

Heute beginne ich ausnahmsweise mit diesem persönlichen Gruß. Ich grüße gerne. Und umgekehrt mag ich es, wenn Menschen mich freundlich grüßen. Je nach Situation ist das etwas ausführlicher – so wie eben – oder nur ein freundliches Nicken oder ein „Hallo“ im Vorübergehen. Für mich ist schön zu erleben: Jemand hat mich gesehen. Ich werde wahrgenommen. Manchmal darf ich sogar registrieren: Da freut sich jemand, mich zu sehen!

„Möge dir Gott freundlich begegnen“

Je nach Tageszeit oder Landstrich gibt es die unterschiedlichsten Grußformeln. In meiner hessischen Umgebung kommt eher ein „Guude“ als ein „Grüß Gott“. Beides sind ja Kurzformeln. Einmal für „Guten Tag“ und einmal für „Grüß dich Gott“. Manchmal wird das scherzhaft missverstanden als Aufforderung, den lieben Gott zu grüßen, wenn man ihn mal sieht. Aber eigentlich ist es ein guter Wunsch für denjenigen, dem man begegnet. Die ursprüngliche Bedeutung dieses Grußes ist: „Möge dir Gott freundlich begegnen“ oder „Gott segne dich!“.

Ich nehme dich wahr 

Für mich war diese persönliche Art zu grüßen besonders wichtig in Zeiten, in denen Begegnungen nur auf Distanz stattfinden konnten. Aber auch jetzt finde ich es einen Ausdruck von Respekt und Wertschätzung, dem anderen Menschen zu signalisieren: Ich nehme dich wahr.  Natürlich grüße auch ich nicht jeden in der Frankfurter U-Bahn zu Stoßzeit. Aber ich grüße den Busfahrer beim Einsteigen oder die Kassiererin im Supermarkt, wenn ich an die Reihe komme.

Diese Tradition ist schon uralt

Ich hoffe, es geht ihnen dann wie mir: Sie haben ein gutes Gefühl und freuen sich über freundliche Menschen in ihrer Umgebung.

Genauso versuche ich es beim Abschied je nach Situation mit einem „Schönen Tag noch!“ oder auch mit der Bitte, der Familie oder anderen Kollegen Grüße auszurichten. Auch diese Tradition ist schon uralt: Schon in den Briefen des Apostel Paulus in der Bibel werden Grüße ausgerichtet.

Jeder Mensch ein Kind Gottes

Ich denke, auch damals war das Anliegen das Gleiche: Paulus wollte die Verbindung halten zwischen den Angesprochenen und sich bzw. anderen Christen. Grüßen ist insofern auch eine christliche Tradition und hat etwas mit meiner Grundhaltung zu tun: Ich sehe jeden Menschen als Kind Gottes und behandle ihn oder sie deshalb mit Respekt.

Ich finde, es ist auch ein wichtiger Impuls für die ganze Gesellschaft: Ich grüße jemanden, weil ich ihn als Mitmensch respektiere – egal ob als Freundin oder als Dienstleister. Dabei ist es ein schönes Zeichen, wenn ich die Sprache wähle, die gerade passt.

Die guten Wünsche zum Abschied

Der oder die andere fühlt sich dann gleich noch mehr wahrgenommen und ernstgenommen. Deshalb variiere ich meine Grußformel und habe inzwischen ein breites Repertoire in verschiedenen Sprachen: Von „Shalom“, „Salam“ über „Grüezi“ bis zu „Hallo“ oder „Hi“! Und auch die guten Wünsche zum Abschied vergesse ich selten: Von „Auf Wiedersehen“ über „Ciao“ bis „Tschüss“ gibt es immer etwas Passendes.

Übrigens: „Tschüss“ ist keineswegs respektlos, sondern eine eingedeutschte Form des französischen „Adieu“, was so viel bedeutet wie „mit Gott“ oder „Gott befohlen“ und im (Rhein-)Hessischen übersetzt wird mit „Adschee“.

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