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Auf gute Nachbarschaft
Foto: Pamela Balladares - www.saskyaphoto.com

Auf gute Nachbarschaft

Charlotte von Winterfeld
Ein Beitrag von Charlotte von Winterfeld, Evangelische Pfarrerin, Frankfurt
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Das Foto zeigt Jebbari Khnata Ovassini, Inhaberin des Marokkanischen Cafés "Weizenbäckerei" in Frankfurt-Rödelheim. Danke an Fotografin Pamela Balladares - www.saskyaphoto.com

Charlotte von Winterfelds hr2 Zuspruch:

Unser tägliches Brot gib uns heute, so beten Christinnen und Christen im Vaterunser. Der Reformator Martin Luther hat darunter mehr verstanden als Essen und Trinken. Er hat sinngemäß gesagt: "Gute Nachbarn sind so wichtig wie das tägliche Brot."

Sich um die Nachbarschaft kümmern

Aber wie bekomme ich gute Nachbarinnen und Nachbarn? Natürlich, indem ich selbst Nachbarschaft pflege. Wenn ich darüber nachdenke, dann merke ich: Da könnte ich viel mehr tun. Was weiß ich schon von der Frau, die schräg gegenüber wohnt und uns manchmal Kiwis schenkt? Oder von dem Ehepaar nebenan? Ich glaube, er kommt ursprünglich aus Albanien, sie ist von hier und deutlich älter als er. Aber mehr weiß ich nicht. Noch weniger weiß ich über die Menschen aus meinem Stadtteil, die mir das Leben erleichtern oder verschönern: über die Frau von der Änderungsschneiderei, über den Mann mit dem Döner-Imbiss, über die Griechen vom Postshop oder die italienische Familie von der Pizzeria. Welche Lebensreise hat sie hierhergeführt? Von ihnen kenne ich nicht einmal die Namen.

Herkunftsgeschichten Rödelheimer Geschäftsleute

Ich lebe im Westen von Frankfurt. Dort kommen die Menschen aus vielen unterschiedlichen Ländern, Kulturen, Religionen. An der Grundschule meines Sohnes haben 90% der Kinder Migrationserfahrungen. Christoph Busch ist ein Pfarrer im Ruhestand. Er hat einige Menschen, die aus anderen Ländern nach Frankfurt gekommen sind, aus dem Schatten ins Licht geholt. Er hat die Lebensgeschichten von sechzehn Geschäftsleuten in seinem Stadtteil Rödelheim erforscht. Daraus ist ein Buch entstanden: Herkunftsgeschichten Rödelheimer Geschäftsleute.

Unterschiedliche Kulturen sichtbar machen

Was für eine gute Idee. Die unterschiedlichen Kulturen werden so sichtbar. Die Menschen, die dahinterstehen, werden gewürdigt. Wie hart sie arbeiten und was ihnen Familie bedeutet. Was ihnen wichtig ist und auch, was sie glauben.

Sich Zeit nehmen, um Menschen kennenzulernen

Ich nehme mir vor, genauer hinzuschauen, von wem ich hinter der Ladentheke bedient werde oder wer für mich so feines Essen zubereitet. Ich werde mit ein bisschen Zeit zum Döner-Laden gehen oder zum Postshop und ins Plaudern kommen. Ich kann nach den Namen der Menschen fragen und sie mir einprägen, um sie dann beim nächsten Mal mit Namen anreden zu können. Ob wir dann vielleicht mal ein kleines Nachbarschaftsfest feiern mit den ganzen Menschen um uns herum? Mal sehen. Auf jeden Fall bin ich dankbar für gute Nachbarschaft. So dankbar wie für das tägliche Brot.

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