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Mit dem Herzen denken
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Mit dem Herzen denken

Uwe Groß
Ein Beitrag von Uwe Groß, Katholischer Diakon, Pfarrei St. Peter und Paul, Wiesbaden
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„Von der Schule bin ich einfach abgehauen, habe alle Bücher weggeworfen. Ich kann nicht lesen, nicht schreiben. Trotzdem verstehe ich die meisten Sachen. Gott hat mir eine Gabe gegeben: Ich denke mit dem Herzen.“ Diese Sätze stammen von keinem Heiligen, sondern von John Lee Hooker, einem amerikanischen Bluesmusiker. Manche sagen auch, er sei der Blues-Gitarrist schlechthin. John Lee Hooker ist seit über 20 Jahren tot. Wie alt er wirklich geworden ist, weiß niemand so genau, weil er selbst sein Geburtsdatum zwischen 1912 und 1920 vermutete und mal dieses und mal jenes Datum angeben hat. Er hatte als Heranwachsender keine Lust, in den Baumwollfeldern von Mississippi zu arbeiten und tingelte seit den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts durch ganz Nordamerika. Seit den Fünfzigerjahren wurde er zur Blues-Ikone, stilbildend für die Rolling Stones, Eric Clapton oder Carlos Santana.

Nur von einem habe ich nie genug bekommen: Liebe

„Gott hat mir eine Gabe gegeben: Ich denke mit dem Herzen.“ Ja, in seinem Herzen, da hat er wohl den Blues gehört, den er über sechzig Jahre auf der Bühne zelebriert hat. Er erlebte viel Schmerzliches: die Trennung seiner Eltern, der Erniedrigung als Schwarzer im Amerika des 20.Jahrhunderts, seine vier gescheiterten Ehen, der Manager, die ihn um sein Geld betrogen haben - all das ist in seine Musik eingeflossen. Aber das habe ihn nie bitter gemacht, sagt Hooker. „Ich habe eigentlich alles gehabt: Essen, Kleidung, auch ein paar Cadillacs. Nur von einem habe ich nie genug bekommen: Liebe zu geben und Liebe zu schenken“, sagte er am Ende seines Lebens.

Niemand muss perfekt sein – jeder darf Fehler machen

„Mit dem Herzen denken“ - für mich heißt das so viel wie: mit Liebe auf mein Leben schauen und nicht nur auf meines, sondern auch auf das Leben anderer. Natürlich gibt es auch in meinem Leben Brüche und Dinge, die schief gelaufen sind, aber irgendwie habe ich durch meinen Glauben an Gott immer das Gefühl gehabt: Ich soll nicht bei den Verletzungen und Niederlagen stehen bleiben. Ich kann mein Leben auch mit meinen negativen Erfahrungen annehmen und das Leben als etwas Schönes sehen. Und das versuche ich auch bei anderen Menschen: Ich finde, dass niemand perfekt sein muss und deswegen auch Fehler machen darf. Dadurch kann ich anderen auch verzeihen. „Mit dem Herzen denken“ heißt für mich, mit Liebe auf mich und andere zu schauen. Das gelingt mir leider nicht immer. Durch meine allzu direkte Art stoße ich andere manchmal vor den Kopf. Dann weiß ich wieder, dass in mir gar nichts perfekt ist und ich die Liebe und Vergebung anderer brauche.

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