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Zufriedenheit genügt
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Zufriedenheit genügt

Uwe Groß
Ein Beitrag von Uwe Groß, Katholischer Diakon, Pfarrei St. Peter und Paul, Wiesbaden
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„Glück ist etwas Seltenes im Leben, die meiste Zeit war ich zufrieden, das hat mir gereicht.“ Das hat einmal Peter Scholl-Latour gegen Ende seines Lebens 2014 einem anderen Journalisten geantwortet, der ihn nach seinem Leben fragte. Scholl-Latour ist als Journalist sein ganzes Leben durch die Welt gereist, hat alle Länder der Erde betreten und von ihnen berichtet. Bis vor zehn Jahren galt er in vielen Talkshows für viele als Politik- und Welterklärer. Seine Bücher wollten komplexe Zusammenhänge für Leserinnen verstehbar machen. Ich habe ihm auch gerne zugehört, wenn er in seiner manchmal nuschelnden Art von seinen Interviews mit Ayatollah Chomeni, Präsident Gorbatschow oder dem chinesischen Staatsoberhaupt Mao-Tse Tung gesprochen hat und internationale Zusammenhänge verstehbar machte. Gegen Ende seines Lebens schrieb Peter Scholl-Latour dann eine Autobiografie. In der hat er auf sechs Jahrzehnte Journalismus zurückgeschaut, aber auch zu philosophischen Themen Stellung genommen. Scholl-Latour war Jesuitenschüler und hat sein ganzes Leben das Vaterunser nur auf Latein gebetet. Obwohl er alle Weltreligionen kennengelernt hat, ist der christliche Glaube seine geistliche Heimat geblieben. Seinen Satz: „Ich war die meiste Zeit meines Lebens zufrieden, das hat mir gereicht“, finde ich  ziemlich gut. Für mich drückt er Bodenständigkeit und auch eine gewisse Demut aus.

Zufrieden sein heißt, im Frieden mit mir sein

Denn das Wort Glück – das ist doch ziemlich abgenutzt. Ich finde: Das Streben nach Glück gleicht einer Utopie. Vielleicht geht’s auch ne Nummer kleiner, denke ich dann immer und finde mich wieder bei Peter Scholl-Latour: Wenn ich zufrieden bin, reicht mir das schon. Zufrieden sein, das heißt erstmal für mich: im Frieden mit mir sein - mit meinem Leben, meinen Stärken und auch den Schwächen. Im Frieden sein mit den Menschen, mit denen ich jeden Tag zusammenleben. Im Frieden sein mit dem Beruf, den ich jeden Tag ausübe. Im Frieden sein auch mit meiner Geschichte - sogar mit dem, was schief gelaufen ist. Wenn ich versöhnt auf Auseinandersetzungen blicken kann und letztlich doch Einverständnis und nicht Streit das letzte Wort behält, in der Familie und bei Freunden: ja, dann bin ich zufrieden.

Es muss und kann nicht alles glücken im Leben

Natürlich bin auch ich nicht immer zufrieden mit meinem Leben. Manchmal brauche ich auch eine gewisse Unzufriedenheit, um etwas zu ändern. Also finde ich den Spruch von Scholl-Latour ganz gut: „Die meiste Zeit war ich zufrieden, das hat mir gereicht.“ Mich befreit das Zufriedensein vom Erwartungsdruck, dass alles glücken muss. Nein, das muss es nicht. Es darf auch was schief gehen in meinem Leben und danach finde ich hoffentlich wieder Frieden. Das ist schon viel.

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