
Auf alten Pfaden
Ich sitze in einem kleinen Café in meiner Heimatstadt Lübeck: Marzipanstadt an der Ostsee, Stadt der sieben Türme und dem Holstentor. Die Stadt wimmelt von Touristen. Reisegruppen mit gezückten Handys passieren meinen Tisch und versperren mir die Sicht. Sie sind hier, weil sie Neues sehen wollen. Ich selbst bin weder Touristin noch Einheimische.
Auf Spurensuche
Vor mehr als 20 Jahren bin ich von hier fortgezogen. Ein bis zweimal im Jahr besuche ich meine Familie. Diesmal habe ich Zeit mitgebracht. Ich bin auf Spurensuche. Was finde ich hier, das etwas erzählt über den Menschen, der ich jetzt bin? Wo fängt mein Leben an?
Erinnerungen werden wach
Ich zahle meinen Kaffee und gehe los. Durch die Straßen und Gassen und Erinnerungen werden wach. Da ist der Anfang, das Marienkrankenhaus, in dem ich geboren wurde. Fast hätten meine Eltern es nicht rechtzeitig geschafft. Wenig später kam die Taufe. Damit Segen über meinen Wegen liegt. Mein Leben mit Gott verbunden. Gott kennt mich also schon eine ganze Weile. Besser als ich mich selbst.
Gott war dabei an der altehrwürdigen, backsteinfarbenen Schule, in die ich gegangen bin. Sie löst noch heute ein mulmiges Gefühl in mir aus. Als ob ich meine Hausaufgaben mal wieder nicht dabei hätte.
An der Ampel gleich um die Ecke, da habe ich meinen ersten Freund kennengelernt. Wir warteten nebeneinander auf das grüne Signal. Die Kreuzung erinnert mich daran, dass die Liebe einen manchmal einfach findet. Selbst an einer Fußgängerampel.
Spurensuche. Es tut gut, die Wege von früher wieder einmal zu gehen. Und darauf zu vertrauen: Gott war dabei.
Gott kennt meine Wege
Vor dem Kino bleibe ich stehen. Hier haben meine Freundinnen und ich noch einmal zusammen einen Film geschaut, bevor ich zwei Tage später weggezogen bin.
Gott kennt meine Wege, ob ich aufbreche oder bleibe, ob ich in der Ferne bin oder die Heimat besuche. In einem Psalm in der Bibel steht: „Ich hatte noch keine Gestalt gewonnen, da sahen Gottes Augen schon mein Wesen.“ (Psalm 139,16)
Ich schaue die Straße entlang und denke: Wo ich auch bin, der Anfang bist du, Gott.