
Wunderglaube
Wunderheilungen sind so eine Sache. Es gibt Menschen, die unbedingt daran glauben und andere, die es nicht glauben können. Und doch pilgern jedes Jahr Millionen Menschen zum Beispiel nach Lourdes, einem Marienwallfahrtsort in Frankreich, weil sie sich genau das erhoffen: Eine Heilung der eigenen Krankheit oder die Heilung eines geliebten Menschen. Oft erhoffen sich die Menschen da Hilfe von Gott, wo die Schulmedizin an ihr Ende gekommen ist. Aber statistisch gesehen ist es eigentlich gar nicht so sinnvoll, nach Lourdes zu fahren, um dort auf wundersame Weise geheilt zu werden.
In einer Dokumentation des ZDF hat Professor Harald Lesch es kürzlich noch einmal ganz deutlich gesagt. Es ist, mathematisch gesehen, wahrscheinlicher eine Wunderheilung zu Hause zu erfahren als bei einer Reise nach Lourdes oder zu einem der anderen Wallfahrtsorte. Es werden pro Kopf gerechnet einfach mehr Menschen zu Hause auf wundersame Weise gesund als in Lourdes.
An Wunderheilungen glauben – oder nicht
Hat nun die Wissenschaft endlich über die Wallfahrtsorte gesiegt und sollte die Kirche sie dann nicht besser abschaffen?
Ich finde nicht. Sicherlich reisen sehr viele Menschen in Wallfahrtsorte in der Hoffnung, von einem Leiden geheilt zu werden. Wenn das dann geschieht, bin ich auch immer beeindruckt, wenn ich davon höre. Nur hat das keine Auswirkungen auf meinen Glauben. Ich kann an diese Wunderheilungen glauben oder nicht, – das ändert nicht meine Beziehung mit Gott.
Was allerdings meine Beziehung zu Gott beeinflusst, sind die Dinge, die in Lourdes oder an anderen Wallfahrtsorten jeden Tag geschehen. Es sind die Begebenheiten, die nicht am nächsten Tag in allen Zeitungen stehen. Es sind die Tatsachen, die von der Wissenschaft schon längst akzeptiert werden.
Gott sieht die Menschen und hilft
Jeden Tag finden Tausende Menschen in ihrem Leid durch das Gebet an und in Wallfahrtsorten die Kraft, ihr Schicksal auszuhalten oder es sogar gut tragen zu können. Diese Menschen erfahren durch die Orte und die Menschen, die mit ihnen beten so viel Unterstützung und Mut, dass sich nach dem Besuch des Wallfahrtsortes etwas in ihrem Leben ändert.
Es sind nicht die großen Wunderheilungen, sondern die vielen kleinen, gar nicht so wundersamen Gebetserhörungen, die mir zeigen, dass Wallfahrtsorte sehr sinnvoll sind und Gott sich um manche Statistiken einfach nicht schert. Er sieht den Menschen und hilft. So wie es gut ist, aber vielleicht nicht immer so, wie ich es gerne hätte. Er ist eben weder Zauberer noch Wunschautomat, sondern einfach nur Gott.