Demokratie feiern

Ein Beitrag von Andreas Wörsdörfer, Pastoralreferent, Katholische Pfarrei Dom St. Bartholomäus, Frankfurt am Main

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Immer, wenn ich mit der Straßenbahn Richtung Zeil fahre, lese ich diesen Satz an der Wand des Gerichtsgebäudes. In großen fetten Buchstaben ist er dort nicht zu übersehen. Dieser erste Satz aus unserem Grundgesetz verleiht dem nüchternen Zweckbau aus den 60er Jahren eine Schönheit. Ich schau da gerne hin. Ich find‘s toll, mitten im Getümmel der Stadt, mitten in meinem Alltag, immer wieder diese Botschaft zu entdecken. Sie erinnert mich daran, wie wichtig Grundrechte und Demokratie sind. Ohne sie könnte ich nicht so frei leben, wie ich es jetzt kann.

Paulskirchenfest in Frankfurt

Seit Donnerstag und noch bis morgen feiern wir in Frankfurt das Paulskirchenfest. 175 Jahre ist es her, dass in der Paulskirche das erste frei gewählte gesamtdeutsche Parlament getagt hat. Die Parlamentarier haben damals die freiheitlichen Grundrechte formuliert, teilweise stehen sie heute noch wortgleich in unserem Grundgesetz. Lange konnte das Parlament in der Paulskirche nicht tagen. Schon 1849 musste es sich auf Druck auflösen. Und danach kamen noch weitere Tiefschläge für die Demokratie in Deutschland und die schwärzeste Zeit unter dem Nationalsozialismus.

Vielfalt feiern

Ich finde es wunderbar, heute im freiesten und demokratischsten Deutschland leben zu dürfen, das es je gab. Und ich find‘s toll, diese Demokratie mit einem wirklich bunten und vielfältigen Fest zu feiern. Diese Vielfalt ist es, die unser Land heute ausmacht. Und bei Vielfalt gibt es immer auch die Erfahrung von Fremdheit und Unverständnis. Wenn dieses Gefühl bei mir hochkommt, dann hilft mir der Gedanke an die Würde eines jeden Menschen. Die Würde, die jede und jeder hat und beanspruchen darf. Jesus sagt: „Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst.“ (Mk 12,31) Für mich gehören Nächstenliebe und Menschenwürde zusammen. Jeder Mensch hat dieselbe Würde.

Menschenwürde feiern

175 Jahre Demokratie. Das will ich feiern an diesem Wochenende. Und ich feiere auch diesen Satz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“