Ihr Suchbegriff
Beitrag anhören:
Bild: Pixabay / Gerd Altmann

Worauf es ankommt

Tanja Griesel
Ein Beitrag von Tanja Griesel, Evangelische Pfarrerin, Fritzlar
Beitrag anhören:

Auf meinen Spaziergängen komme ich an einem Haus vorbei. Es steht am Rande einer Siedlung, am Ende einer Sackgasse, es grenzt an Wiesen und Felder, dahinter der Wald. Kein Durchgangsverkehr, keine Fahrräder oder Fußgänger. Einfach idyllisch!

Eine Hausseite voller Verbotsschilder 

Doch an dem Haus sind überall zur Straße hin Verbotsschilder angebracht. Ausfahrt freihalten. Nicht parken. Kein Winterdienst. Hunde anleinen. Hunde dürfen hier ihr Geschäft nicht erledigen. Keine Wendemöglichkeit. Privater Bürgersteig. Kein öffentlicher Weg. Betreten verboten. Am Zaun bleibt kaum eine freie Stelle übrig. Jeder, der hier zu Besuch kommt, muss erst einmal an dem Schilderwald vorbei. Hier wohnt jemand, der Freude an Regeln hat und diese klar kommuniziert.

Was Regeln geben 

Überall, wo Menschen zusammenleben, braucht es eine Übereinkunft darüber, wie wir gut miteinander auskommen können. Regeln geben Sicherheit und Orientierung. Das war auch schon zur Zeit des Alten Testaments so. Dort finden sich viele Regeln, die das soziale und religiöse Leben betreffen, wie z. B. die 10 Gebote. Jesus kennt sie alle. Und doch predigt er keine „Best-of-Liste“ aller Gebote.

Eine Regel, die alles umfasst

Für ein gutes und friedliches Miteinander braucht es eigentlich nur eine einzige Regel, sagt er: Du sollst Gott lieben und deinen Nächsten wie dich selbst (Mt. 22,37-39). Wer liebt, hat den anderen im Blick, so wie Gott uns im Blick hat. Der nimmt Rücksicht, zeigt Verständnis, übernimmt Verantwortung für sich, für andere und die Welt. Wer den Nächsten liebt, weiß, wo die eigene Freiheit endet: Dort, wo die Freiheit meines Gegenübers beginnt.

Im Alltag auf Selbstverantwortung vertrauen und Liebe

Im Alltag bemühe ich mich, gewisse Umgangsformen und Regeln zu beachten. Zum Beispiel lasse ich den Hund sein Geschäft nicht vor die Tür des Nachbarn machen. Niemand möchte morgens in Hundehaufen treten, wenn man aus dem Haus geht. Trotzdem verzichte ich selbst auf Verbotsschilder. Vielleicht ist es naiv, aber ich vertraue auf ein Mindestmaß an Selbstverantwortung – und Liebe. Den Hausbewohnern mit dem Schilderwald möchte ich gern noch ein weiteres Schild an den Zaun hängen. Etwas für die, die hier zu Besuch kommen. Ein Schild mit den Worten: „Herzlich willkommen!“

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren