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Bild: Pixabay / Michaela at Home in Germany

Nimm dir, was du brauchst

Tanja Griesel
Ein Beitrag von Tanja Griesel, Evangelische Pfarrerin, Fritzlar
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Ich bin sehr viel zu Fuß unterwegs. Was mir unterwegs auffällt, sind die Zettel. Sie kleben an Hauswänden, Bushaltestellen, Laternenmasten, Gartenzäunen. Mit der Hand oder am Computer geschrieben, ausgedruckt und aufgehängt. Ich biete – suche – tausche – habe verloren ... Und dann gibt es am unteren Rand eine Telefonnummer zum Abreißen.

Abreißzettel: Suchen und bieten 

Junge Familie sucht bezahlbaren Wohnraum, gern mit Balkon oder Garten. – Wer hat meine Katze Trixie gesehen? Sie hat rotbraunes Fell und einen weißen Fleck über dem rechten Auge. – Suche jemanden, der den Rasen mäht, biete Mathe-Nachhilfe. – Und ein Rentner, auf Rollator angewiesen, sucht vertrauenswürdige Person, die für ihn einmal in der Woche einkaufen geht.

Ein Zettel mit einem besonderen Angebot

Die Welt ist wie ein schwarzes Brett, an das ich mein Anliegen heften kann. Kaum ein Zettel, an dem nicht unten bereits die Kontaktdaten abgerissen sind. Ein Zettel fällt mir schon von weitem ins Auge. Mit schwarzem Edding und in Großbuchstaben ist die Schrift nicht zu übersehen. Nimm dir, was du brauchst, steht da. Und auf den üblichen längs eingeschnittenen Schnipseln zum Abreißen stehen die Worte: Kraft, Mut und Hoffnung. Ein paar Wortschnipsel fehlen bereits.

Nimm dir, was du brauchst

Ich bleibe stehen. Nimm dir, was du brauchst. Ich muss einen Moment darüber nachdenken. Was brauche ich? Eigentlich kann ich alles gebrauchen. Wähle ich die Kraft, um den stressigen Alltag zu bewältigen? Oder Mut, etwas Neues zu wagen? 

Entscheidung für die Hoffnung

Am Ende entscheide ich mich für die Hoffnung. Aus Hoffnung heraus leben, bedeutet mit einer positiven Erwartungshaltung und Zuversicht durchs Leben zu gehen. Die, die einen Zettel schreiben und aufhängen, hoffen zu finden, wonach sie suchen. Die Familie findet eine Wohnung. Die Katze taucht wieder auf. Der Rentner bekommt Hilfe. Zu bekommen, was man braucht, zu finden, was man sucht. Was für eine schöne Vorstellung! Einfach zugreifen. Mich beschenken lassen. Aus heiterem Himmel. Auf der Straße. Das wünsche ich mir: Aus Hoffnung heraus leben. Daraus entsteht Gutes. Oder wie es der Apostel Paulus im Neuen Testament sagt: Gott, der Hoffnung schenkt, erfülle euch mit Freude und Frieden (Röm 15,13). 
 

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