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Abenteuersuche im Alltag
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Abenteuersuche im Alltag

Christoph Schäfer
Ein Beitrag von Christoph Schäfer, Katholischer Religionslehrer, Rüsselsheim
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Als Kind haben mich Bücher über Bergbesteigungen begeistert. Klangvolle Namen haben für Kopfkino gesorgt: „Nanga Parbat“ oder „Mount Everest“. Es ging um gefährliche Abenteuer an exotischen Orten. Die ich unbedingt selbst mal erleben wollte. Irgendwann ist die Leidenschaft aber verschwunden. Weil ich wohl festgestellt hab: Das ist nichts für mich mit meinen beschränkten Möglichkeiten. Daher hab ich diese Träume begraben und andere Lesethemen gesucht. Und gedacht: Abenteuer sind was für andere. Für mich bleibt bloß der Alltag.

Deutschlands Gipfel statt Himalaya

Jetzt hab ich aber nach vielen Jahren mal wieder ein Berg-Buch in der Hand gehabt, bei dem ich Lesebegeisterung gespürt hab. Es heißt „Unter den Wolken“. Der Radiomoderator Achim Bogdahn hat es geschrieben. Er schildert seine Touren auf die höchsten Erhebungen der 16 deutschen Bundesländer. Es ist natürlich ganz anders als meine früheren Bergbücher. Nämlich definitiv kein Heldenbericht. Denn oft geht es nur um eine sehr überschaubare Zahl an Höhenmetern. Im Stadtstaat Bremen wölbt sich der Top-Gipfel sogar derart bescheiden auf knapp 32 Meter über Meereshöhe, dass Bogdahn ihn erst mal suchen muss.

Eine Expedition in den Alltag

Sein Bericht ist trotzdem eine Abenteuergeschichte: eine Expedition in den Alltag. Mit faszinierenden Begegnungen. Man lernt skurrile Zeitgenossen kennen: etwa einen herzzerreißend untalentierten Straßenmusiker. Aber auch rundum sympathische Menschen wie einen Ex-Bürgermeister oder zwei quirlige Leistungssportlerinnen. Bogdahn erzählt, wie er im Harz manche Vorurteile gegenüber den neuen Bundesländern über Bord wirft. Und wie im Saarland heftiger Regen einen Schirm so zurichtet, dass er schließlich wie eine altmodische Fernsehantenne aussieht.

Augen auf für Abenteuer im Alltag

Ich fand aber vor allem das Projekt selbst einfach schön. Beim Lesen hab ich oft gedacht: Es ist genial, auf diese Weise die Abenteuerwelt wieder näher an die Alltagswelt heranzurücken. Man muss nicht weit reisen, um Abenteuer zu erleben Sondern bloß die Augen offen halten. Und mit Humor und Offenheit auf das reagieren, was einem so begegnet. Das Gipfel-Projekt motiviert und inspiriert mich seitdem. Ich nehm mir vor: Ich werde die Tour zwar nicht genau nachahmen. Aber ebenfalls wieder bewusster auf Abenteuersuche im Alltag gehen. Irgendwo im Taunus oder im Ried. Ich freu mich schon auf schöne Erlebnisse und Begegnungen.

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