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Erdbebendiplomatie zwischen Türkei und Griechenland
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Erdbebendiplomatie zwischen Türkei und Griechenland

Dr. Peter Kristen
Ein Beitrag von Dr. Peter Kristen, Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt
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Die Folgen des Erdbebens in der Türkei und in Syrien sind nach wie vor schrecklich. Umso mehr zählt jedes Zeichen der Hoffnung. Griechenland zum Beispiel war eines der ersten Länder, das seinem Nachbarn Türkei Hilfe geschickt hat. Das ist überhaupt nicht selbstverständlich. Denn zwischen den beiden Staaten gibt es seit Jahrzehnten große Spannungen. Solidarität in Not überwindet alten Streit. Pfarrer Peter Kristen aus Limeshain findet das bemerkenswert.

Ihre letzte Begegnung war ein Eklat. Bei einer Pressekonferenz haben sie sich mit Vorwürfen überschüttet. Jetzt liegen sie sich auf dem Flughafen von Adana in den Armen und nennen sich Freunde: Der griechische Außenminister Nikos Dendias und sein türkischer Amtskollege Mevlüt Çavuşoğlu.

Eine Umarmung, die Hoffnung macht

In all dem Leid nach der Erbebenkatastrophe ist das eine Szene, die berührt und Hoffnung macht. Die Umarmung könnte der Anfang einer anderen Zukunft sein. Der türkische Außenminister sagt: „Wir müssen nicht auf ein weiteres Erdbeben oder eine weitere Katastrophe warten, um unsere Beziehungen zu verbessern.“

Das Erbeben hat vieles verwüstet, aber es hat die beiden zerstrittenen Länder auch wachgerüttelt. Sie haben erkannt: Wir brauchen einander. Wir können einander helfen. Jetzt ist es Zeit für einen heilsamen Neubeginn – trotz der Streitthemen zwischen uns.   

Das Schlechte mit Gutem überwinden

Die solidarische Hilfe für Menschen in Not wirkt stärker als all die Drohungen und Verwünschungen der Vergangenheit. Gemeinsam überwinden Griechenland und die Türkei das Schlechte mit Gutem. Das ist eine kraftvolle Erfahrung.

Das Rezept kennen die Menschen schon lange. In der Bibel empfiehlt der Apostel Paulus: „Lass dich nicht vom Schlechten besiegen, sondern besiege das Schlechte durch das Gute! (Römer 12,21)

Man könnte denken: „Schöne Idee, nur leider nicht tauglich für diese Welt.“ Aber wie Griechenland und die Türkei gerade zeigen: Das gibt es wirklich. Und es kommt den Menschen im Erdbebengebiet zugute. Sie freuen sich jetzt über Zelte und Decken, Windeln und Medizin auch aus Griechenland. Gutes kann das Schlechte überwinden.

Erdbebendiplomatie 

Erdbebendiplomatie nennt man das in Griechenland und in der Türkei. Sie ist ein guter Weg, alten Streit hinter sich zu lassen. Nicht nur zwischen Staaten, sondern auch sonst bei Konflikten. Gemeinsamkeiten erkennen und einen Schritt auf den anderen zutun. Ich hab das schon erlebt, zwischen Paaren und Nachbarn. Es beginnt mit der Hoffnung, dass Gutes das Schlechte überwinden kann.

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