Mein Einmachglas
Der Winter zieht sich. Die Sonne steht noch tief und wärmt nur mäßig, so sie denn scheint. Die Heizung ist heruntergedreht, 19 Grad müssen genügen. Geht - irgendwie. Alles in allem ist meine Januarstimmung eher mau. Das soll kein Vorwurf sein, ist ja jedes Jahr so. Aber dieses Mal habe ich vorgebaut. Meine Oma sagte immer: „Bereite dich in guten Zeiten auf schlechte vor.“ Ein wertvoller Tipp!
Sommer-Erinnerungen im Einmachglas
Deshalb haben sie ja früher Früchte und Gemüse des Sommers konserviert, also haltbar gemacht, Gurken eingelegt, Marmelade und Mus gekocht. So ein altes Einmachglas habe ich nach dem letzten Sommerurlaub auch gefüllt – mit duftenden kleinen Pinienzapfen, Olivenzweigen, einem bisschen Sand, Muscheln, gemaserten Steinen, roter fruchtbarer Erde vom Ferienort.
Es steht im Kämmerchen auf dem Regal – immer gut greifbar. Jetzt ist die unwirtliche Zeit gekommen, in der ich mir das Einmachglas öfter schnappe. Dann setze ich mich in meinen Lieblingssessel, schraube langsam den Deckel ab. In froher Erwartung schließe ich die Augen.
Der Duft von Urlaub
Die Wirkung setzt sofort ein. Ich bin mit den Freunden am Meer, versinke in der Erinnerung an eine unbeschwerte, fröhliche Zeit. Ich höre den Schlag der Wellen, spüre den Sand unter den nackten Füßen, wandere durch den Olivenhain. Ich denke dabei an einen Satz aus der Bibel: "Gott, wunderbar sind deine Werke, das erkennt meine Seele." (Psalm 139, 14)
So ist es: Es tut meiner Seele gut, den Duft von Pinien, Oliven und Meeressand aus dem Einmachglas zu riechen und an all das Schöne zu denken, was Gott mit seiner Schöpfung bereithält. Nach einer Weile drehe ich den Deckel wieder zu. Ich werde den Inhalt sicherlich noch brauchen.
Ein neuer Sommer wird kommen ...
Jetzt aber fühle ich mich erstmal gestärkt. Und ich weiß ja, dass auf jeden Winter ein Frühling folgt, dass Neues zum Leben erwachen wird. Dass ein neuer Sommer kommen wird, in dem ich mein Einmachglas wieder auffüllen kann. Bis es so weit ist, reicht der Vorrat allemal.
