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Kirchenasyl
Bild: medio.tv / Schauderna

Kirchenasyl

Jens Haupt
Ein Beitrag von Jens Haupt, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Es gibt Sachen, die gibt’s gar nicht. Zum Beispiel Kirchenasyl. Kirchen gelten als heilige, geschützte Räume. Eine alte Tradition, aber eben kein durchs Gesetz geschütztes Recht. Eine Abschiebung von Asylbewerbern dagegen ist ein klarer, rechtlich geordneter Vorgang.

In Kirchen Schutz suchen vor Abschiebung

Es sind die schwierigen Einzelfälle, in denen Geflüchtete in Kirchen Schutz vor Abschiebung in ein europäisches Nachbarland suchen. Etwa wenn der erwachsene Sohn, der später gekommen ist, die schwerbehinderte Mutter versorgt, mit ihr zum Arzt fährt. Wenn er ihre Medikamente überwacht, sie mit dem Pflegedienst gemeinsam versorgt, für sie einkauft und kocht. Er soll abgeschoben werden. Die Mutter wäre allein und hilflos. Und er wäre in einem Land ohne soziale Kontakte und Sprachkenntnisse.

Kirchengemeinden prüfen das Schutzbegehren

Ein Härtefall. Oft suchen Geflüchtete Schutz vor Abschiebung, weil sie nach einer traumatischen Flucht durch viele Länder und Stationen seelisch und gesundheitlich am Ende sind. Deshalb prüfen Kirchengemeinden sorgfältig das Schutzbegehren.

Jesus sagt: Was ihr einem meiner geringsten Geschwister getan habt….

Christinnen und Christen hören dabei immer, was Jesus gesagt hat: „Was ihr für eines meiner geringsten Geschwister getan habt, habt ihr für mich getan.“ (Mt. 25,40). Es geht um Humanität. Um die Prüfung einer persönlichen Härte. Kirchen wollen Menschen nicht vor dem Gesetz verstecken. Im Gegenteil, sie melden den Aufenthalt in den kirchlichen Räumen dem Bundesamt für Migration und Flucht. Es werden Atteste, anwaltliche Stellungnahmen und die Schilderung der persönlichen Ausnahmesituation mitgeschickt. Verbunden mit der Bitte, den Fall erneut zu prüfen und nicht abzuschieben.

Einen Schutz auf Zeit bieten

Ein Unterstützerkreis kümmert sich dann um die menschenwürdige Versorgung. Ein Bett, eine Dusche, Essen und Trinken, eine Toilette, Kleidung, ein Handy für den Kontakt zu Verwandten und Behörden, und vor allem Besuche und Gespräche. Das geschieht ehrenamtlich und in aller Stille. Man kann darüber streiten, ob das alles rechtlich haltbar ist. Menschlich ist es nötig, dass die Kirchen sich vom persönlichen Leid berühren lassen, einen Schutz auf Zeit bieten. Und ich bin deshalb für alle politisch verantwortlichen Menschen dankbar, die diese konkrete Nächstenliebe, dieses Zeichen von Barmherzigkeit, unterstützen oder zumindest dulden und mittragen.

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