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Erste Male
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Erste Male

Ayleen Nüchter
Ein Beitrag von Ayleen Nüchter, Katholische Gemeindereferentin im Pastoralverbund St. Benedikt Hünfelder Land
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Wann hast Du in letzter Zeit etwas zum ersten Mal gemacht? Diese Frage steht auf dem kleinen viereckigen Zettel, der mit einem dünnen Fädchen an meinem Teebeutel festgemacht ist. Ich mag es, wenn ich mir morgens einen Tee koche, gleichzeitig eine Botschaft zu lesen. Manchmal ist es eine Weisheit, ab und an sind es Bibelverse und heute eben diese Frage, die mich unmittelbar zum Nachdenken bringt. Schweigend beobachte ich den heißen Dampf über meiner Tasse und lasse die letzten Monate und Wochen Revue passieren. Im Sommer vergangenen Jahres bin ich zum ersten Mal Mutter geworden. Unmittelbar nach der Geburt findet die U1, die sogenannte Erstuntersuchung statt. Das erste Mal wiegen, das erste Mal das Herzchen abhören. Ich nehme einen Schluck Tee und stelle mir, beim Gedanken daran, meine inzwischen 10-monatige Tochter in ihrem ersten Strampler vor.

Erste Male im Laufe des Lebens

Mit Beginn eines jeden Lebens erlebt der Mensch etliche erste Male. Das erste Lächeln. Der erste Zahn. Der erste Tag im Kindergarten. Das erste Mal den Rand des 25-Meter Beckens im Schwimmbad erreichen. Das erste Zeugnis ganz stolz der Oma und dem Opa präsentieren. Das erste Mal wach bleiben, um gespannt das Silvesterfeuerwerk zu beobachten. Mir fällt auf, viele dieser Momente finden in der Kindheit statt. Aber auch in der Jugendzeit und später im Erwachsenenalter begegnen sie uns immer wieder. Ich denke hier an den ersten Kuss. Das erste Mal heimlich eine Zigarette rauchen. Das erste Vorstellungsgespräch. Das erste Mal nach bestandener Führerscheinprüfung alleine Auto fahren. Das erste Mal die eigene Wäsche waschen. Der erste Liebeskummer. Und dann gibt es da noch erste Male, die besonders einschneidend im Leben sind. Das erste Mal mit der traurigen Gewissheit aufstehen, dass die eigene Mutter oder der eigene Vater wegen des schlechten Gesundheitszustandes nicht mehr zu Hause gepflegt werden können. Sich das erste Mal eingestehen, dass man an einem Burnout erkrankt ist.

Was hilft bei ersten Malen?

Bei all diesen ersten Malen sind die Nervosität und das Gefühl der Unsicherheit einhergehende Begleiter. Ich umschließe meine Tasse Tee mit beiden Händen und frage mich: Wonach sehnt sich ein Mensch, wenn er etwas zum ersten Mal tut? Gibt es Ratschläge oder gar Tipps für den Umgang mit Ersten-Malen? Ich bin sicher, es kommt ein stückweit darauf an, ob es ein schönes oder herausforderndes Ereignis ist. Doch von einer Gewissheit bin überzeugt: Es gibt etwas, das hilft mir leichter mit Neuem und den damit verbundenen Bedenken umzugehen. Mir fallen all diese Momente, in denen ich etwas zum ersten Mal erlebe, definitiv leichter, wenn ich spüre, nicht alleine zu sein.

Musik

Etwas zum ersten Mal zu tun und dabei die Gewissheit zu haben, nicht alleine zu sein: Diese Erfahrung machen am heutigen Sonntag viele katholische Mädchen und Jungen. Die Vorbereitungen und das Warten haben sich gelohnt, denn heute feiern zahlreiche Kinder in ihren Kirchengemeinden das Fest der Erstkommunion. Dieses besondere Ereignis findet traditionell am Weißen Sonntag statt. Der Weiße Sonntag ist in jedem Jahr kalendarisch eine Woche nach Ostern. Der Name des Feiertages leitet sich von den weißen Gewändern ab, die damals von neugetauften Christen getragen wurden. Ich kenne es, dass die Taufe vorwiegend am Nachmittag gefeiert wird. Damals ließen sich jedoch die Menschen in einer besonderen Nacht, der Osternacht, taufen. Und noch etwas ist anders als heute: Die Taufe fand im Erwachsenenalter statt. Die langen weißen Gewänder, die sie dabei anhatten, waren ein sichtbares Zeichen der Reinigung durch das Taufwasser. Etwa ab dem siebten Jahrhundert entstand der Brauch, die weißen Taufkleider von der Osternacht an für acht Tage zu tragen – bis zu dem ersten Sonntag nach Ostern, dem Weißen Sonntag. Erst viel später begannen die Menschen am Weißen Sonntag die Erstkommunion zu feiern. Hier empfangen die jungen Mädchen und Jungen zum ersten Mal Jesus in der Gestalt eines kleinen Stück Brotes.

Ein wichtiges erstes Mal im Glaubensleben

Für alle Katholiken ist dieses Fest ein zentrales Ereignis innerhalb ihres Glaubenslebens. Das Besondere bei der Erstkommunion ist unter anderem die persönliche Entscheidung des Kindes. Anders als bei der Taufe, bei der Eltern und Paten den Täufling vertreten, haben die Mädchen und Jungen heute zum ersten Mal selbst die Gelegenheit, ihren Glauben an Jesus Christus zu bekennen. In unterschiedlichen Vorbereitungsmodellen werden die Kinder von ausgebildeten Gruppenleitern intensiv begleitet. Spannende Bibelgeschichten und das Kennenlernen des Gottesdienstablaufes machen neugierig auf den Glauben und die Kirche. Schwerpunktmäßig wird den Erstkommunionkindern das Leben von Jesus nähergebracht. Wesentliche Bestandteile der Vorbereitung sind außerdem das Kennenlernen der zehn Gebote und das Ablegen der ersten Beichte. Die christlichen Werte helfen im Schulalltag und im Umgang miteinander. Mit der Erstbeichte lernen die Kinder außerdem Gottes Liebe zu den Menschen kennen. Ihm selbst sagen zu dürfen, was in meinem Leben gerade nicht gelingt, ist ein echtes Geschenk. Gott ermöglicht mir einen Neuanfang. Der Erstkommuniongottesdienst stellt am Weißen Sonntag den Höhepunkt dar. Im Anschluss an die Wandlung von Brot und Wein geschieht der wichtigste Moment der Feier. Die Kinder kommen nach vorne und versammeln sich, um den Leib Christi, Jesus selbst, zu empfangen. Der Glaube daran, dass er in diesem Moment gegenwärtig ist, macht diesen Augenblick zu etwas Heiligem. Das klingt faszinierend und das ist es auch.

Musik

Ich erinnere mich noch gut an meine eigene Erstkommunion. Zum ersten Mal kam eine Friseuse zu uns nach Hause. Sie steckte mir die Haare hoch und setzte mir einen Kranz gebunden aus Buchsbaum und weißen Röschen auf den Kopf. Ich trug meine schönsten Ohrringe und glitzernde Schuhe, die wir extra für den großen Tag gekauft hatten. Mein weißes Kommunionkleid war das meiner großen Schwester. Doch das ärgerte mich an diesem Tag nicht. Viel zu groß war die Freude bei mir und meiner gesamten Familie. Und dann war es so weit - die Kirchenglocken begannen zu läuten, zum Zeichen, dass alle zu diesem wichtigen Tag eingeladen sind. Wir begannen den Gottesdienst nicht wie üblich in der Kirche, sondern trafen uns draußen, um gemeinsam mit unseren Eltern in das Gotteshaus einzuziehen. Einige meiner Freunde, die an diesem sonnigen Vormittag genau wie ich die erste Heilige Kommunion bekommen sollten, waren an diesem Morgen genauso schön gekleidet wie ich. Einige Jungs trugen sogar eine Krawatte. Alle machten sich für die bevorstehende Begegnung mit Jesus schön. Schon während der Wandlung von Brot und Wein und dem langen Knien auf der Bank stellte ich mir vor, wie es wohl gleich sein wird, Jesus so nah wie noch nie zuvor zu sein. Als wir dann das Zeichen bekamen, dass wir nach vorne kommen dürfen, klopfte mein Herz wie wild. Mein Blick schweifte nach links und rechts und ich stellte erleichtert fest, dass die anderen genauso aufgeregt waren wie ich.

Die erste Begegnung mit einem Freund

Doch dann– als wir gemeinsam mit den Händen eine Schale formten – fiel mir Jesus Zusage ein, die er jedem von uns macht: - er möchte mir heute und alle Tage meines Lebens ein Freund sein. Ich darf mich angenommen und geliebt fühlen. Im Augenblick der Begegnung mit ihm im Heiligen Brot, erfuhr ich eine unglaubliche Stärkung. Ich lief zurück zur Kirchenbank und schickte in meinen Gedanken ein Gebet an Jesus, der heute zum ersten Mal direkt in meinem Herzen landete. Und ich durfte gewiss sein: Bei diesem ersten Mal war ich nicht alleine. Christus selbst war es, der mir die Angst nahm und mir liebe Menschen an die Seite stellte, die diesen Moment zu etwas Einzigartigem machten.

Alles Gute zur Erstkommunion!

Heute, 18 Jahre nach diesem besonderen ersten Mal, stehe ich in meiner Küche. Noch in Gedanken versunken trinke ich den letzten Schluck meines lauwarmen Tees. Mit Blick auf die Uhr stelle ich voller Erschrecken fest, wie spät es schon ist. Durch mein gekipptes Küchenfenster höre ich wie die Glocken anlässlich des Weißes Sonntags zu läuten beginnen. Entschlossen und mit einem Lächeln auf den Lippen nehme ich mir vor, gleich während des Gottesdienstes fest für alle Kinder zu beten, die heute zum ersten Mal die Heilige Kommunion empfangen. Obwohl mein persönlicher Weißer Sonntag schon so lange zurückliegt, klopft mein Herz nach wie vor schneller, wenn ich nach vorne gehe und meine Hände als Schale forme, um Christus ganz nah zu sein. Ich blicke dankbar auf diesen tiefen Moment und gleichzeitig den Anfang einer ganz besonderen Freundschaft. Ich kann Ihnen versichern, die Erstkommunion gehört definitiv zu den beeindruckendsten Ersten-Malen meines Lebens.

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