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Der Zauber des Unperfekten
Bild:Pixabay

Der Zauber des Unperfekten

Dr. Barbara Brüning
Ein Beitrag von Dr. Barbara Brüning, Katholische Journalistin, Autorin und Systemische Familienberaterin, Frankfurt
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Ich weiß gar nicht mehr genau, wann das angefangen hat. Eine meiner Kolleginnen hat vor ein paar Jahren ihre selbstgebackenen Weihnachtsplätzchen ins Büro mitgebracht und alle zur Kaffeepause eingeladen. Jemand hatte ihr aus den USA besonders schöne und ausgefallene Verzierungen mitgebracht. Dadurch hat sie das Backfieber so gepackt, dass sie gar nicht mehr aufhören konnte. Die Plätzchen sahen wirklich toll aus! Und dann kam ein weiterer Kollege, der das Weihnachtsplätzchenbacken perfektioniert hat. Er hatte wirklich geniale Türmchen gezaubert. Und Schwarzweißgebäck! – Aber damit war der Wettbewerb eröffnet: Die Kekse sind von Woche zu Woche ausgefallener und perfekter geworden. Für mich war klar: Ich bin raus aus dem Spiel. Denn meine Kekse werden nie wirklich schön. Dafür bin ich zu ungeduldig. 

Der Wettbewerb um die hässlichsten Kekse

Das war eigentlich schade. Denn ich hätte die Tradition auch gerne unterstützt. In diesem Jahr hat dann eine Kollegin den Wandel gebracht: Sie hat vom Wettbewerb um die hässlichsten Kekse erzählt und gleich ein paar gute Kandidaten dabei gehabt. Die sahen ein bisschen aus wie die Monster aus der Sesamstraße. Sie waren nicht symmetrisch, hatten merkwürdige Farben und sehr ungleichmäßig verteilte Perlen und Sternchen. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll: Wir hatten diese kleinen missratenen Dinger gleich alle lieb. Jeder Keks war so besonders. 

Und deshalb hab ich in diesem Jahr auch wieder mitgebacken. Und so kamen meine kleinen Monsterkekse in die Welt. Seltsamerweise sahen sie viel besser aus als erwartet. An manchen Stellen musste ich sogar nachhelfen, damit sie etwas zerzauster aussehen.

Das war nicht perfekt gestylt

Ja: So macht mir das Plätzchenbacken wieder Spaß. Keine Fabrikarbeit – sondern ein kreatives Spiel, das niemanden unter Druck setzt und alle etwas Neues in den Formen entdecken lässt. Ich finde: Druck zur Anpassung haben wir schon genug. Das Unperfekte zu feiern ist eine erholsame Abwechslung. Und ich denke, wir sollten diese Haltung auf das ganze Weihnachtsfest ausdehnen: Es hat seinen Ursprung in einem Stall. Das war nicht perfekt gestylt. Da gab es keine Christbaumkugeln. Aber es war der Anfang von etwas ganz Großem.

 

 

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