Dieses Jahr soll es anders werden
Seit sechs Jahren ist sie allein. Da starb ihr Mann. Sie hat es ihm gewünscht, sterben zu können. Und war froh, als er erlöst war. Nun ist sie allein; Kinder hatten sie keine. Meistens geht es ihr gut; sie kann alles machen, was nötig ist. Haushalt, mal ins Lokal gehen, kochen sowieso. Es ist recht so, wie es ist.
Weihnachten vermisst sie ihren Mann besonders
Nur Weihnachten nicht. Da vermisst sie den Menschen, der immer das Fest mit ihr geplant und vorbereitet hat und am Heiligen Abend bei ihr war. In aller Ruhe saßen sie da bei Kerzenschein. Im Radio war Musik, manchmal gute Worte.
Das hörten sie gerne am stillen Abend - und wenn es dann noch schneite. Das alles fehlt ihr, da ist sie ehrlich. Stille ist oft schön, aber an Weihnachten kann sie auch ein bisschen wehtun. Als sei da ein Riss in der Haut des Lebens; einer, der nicht mehr heilt.
Eine kleine Hoffnung pflegen gegen den Schmerz
Dieses Jahr aber soll es anders werden. Schon im Herbst hat sie angefangen, eine kleine Hoffnung zu pflegen - gegen den Schmerz. Sie hat sich nämlich fest vorgenommen, Weihnachten an ein paar Menschen zu denken. Sie hat ihre Gesichter vor Augen und will das tun, in aller Stille: an diese Menschen denken und sich wünschen: Gott, achte auf sie.
An jemanden denken ist auch liebhaben
Dabei hofft sie, dass ein paar andere auch an sie denken. Alle sollten Menschen haben, die an sie denken. An jemanden denken ist auch Liebhaben. Hoffentlich, denkt sie, hoffentlich denkt jemand an mich. Und seit sie das hofft, ist ihr etwas leichter ums Herz.