Wer einkocht, hat Hoffnung
Schwiegervater ist leidenschaftlicher Hobbygärtner. Seitdem er Rentner ist, liebt er seinen Garten umso mehr.
Vor allem müht er sich um seine Obstbäume. Äpfel, Birnen, Pflaumen – jedes Jahr tobte ab dem Spätsommer die Ernteschlacht.
Jahrelang wurden unzählige Gläser Obst eingekocht
Zusammen mit Schwiegermutter wurden regalweise Gläser eingekocht. Diese ordentlich im Keller aufbewahrt und dann gab es das ganze Jahr über Apfelmus und Pflaumen.
Jahrelang war das so. Aber Schwiegermutter lebt lange schon nicht mehr, Schwiegervater ist alt geworden. Seine Kraft lässt nach. Seine Lust zum Einkochen auch. Sagt er zumindest: "Ach, macht doch keinen Spaß mehr, so alleine. Wer will das Zeug auch alles essen?"
Nie mehr einkochen?
Daher hat er die Gläser vor drei Jahren alle weggeworfen. Sein Vorsatz war klar: Nie mehr einkochen.
Dann allerdings kam der Spätsommer. Es klingelt das Telefon. Schwiegervater fragt an: Habt ihr noch ein paar alte Einkochgläser? Die Äpfel sind reif und es wär doch schade drum. Nur noch dieses Jahr, sagt er, wer will auch das Zeug alles essen?
Das war vor drei Jahren. Vor zwei Jahren übrigens auch. Dieses Jahr warte ich auf den Anruf. Immerhin hat er schon wie immer verkündet, dass er auf keinen Fall einkochen würde.
Ein volles Einmachglas ist Zeichen für Mut und Zuversicht
Ich bin mir allerdings sicher, dass er diesen Vorsatz bricht. Warum auch nicht? Denn wer einkocht, der hat ja Hoffnung. Hat auch Lebensmut. Gibt sich jedes Jahr noch einmal ein Jahr Zeit zum Leben. Daher ist ein volles Einmachglas immer das Zeichen für Mut, Zuversicht und Hoffnung auf bessere Tage.
Ich finde, solche fröhliche Inkonsequenz erfrischend mutig! Auch wenn es jedes Jahr mit Zweifeln verbunden ist. Da spricht doch eine Menge Gottvertrauen draus.