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Von leeren Äckern und vollen Scheunen
Bild: manfred_richter_pixabay

Von leeren Äckern und vollen Scheunen

Bettina Pawlik
Ein Beitrag von Bettina Pawlik, Katholische Gemeindereferentin im Ruhestand
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Als Kinder haben wir gerne in der Scheune unseres Nachbarn gespielt. Der hatte einen Bauernhof mit Kühen, Schweinen und Hühnern. Und es gab Felder mit Getreide, Rüben und Kartoffeln, es gab Wiesen, die wurden zweimal im Jahr gemäht. Das Heu und die gesamte Ernte wurden in der Scheune gelagert. Das hat so gut gerochen! Heute wird ja das meiste von der Ernte gleich verkauft und abtransportiert. Aber früher hat der Bauer seine Ernte selbst gebraucht – als Futter für die Tiere. Die Kartoffeln wurden direkt am Hof verkauft. Und das alles wurde in der Scheune aufbewahrt.

Leere Felder und Äcker stimmen mich melancholisch

An diese Bilder aus meiner Kindheit musste ich denken, als ich jetzt über die Felder spazieren gegangen bin. So leere Felder machen auf mich einen tristen, melancholischen Eindruck. Die Feldfrüchte sind weg, die Äcker sind leer. Was bleibt davon?

Alles abgeerntet – was bleibt jetzt noch außer Stoppelfelder

Auch am Ende eines langen Berufslebens können solche Fragen auftauchen. Bei meiner Arbeit in der Seniorenseelsorge höre ich solche Fragen immer wieder: „Alles ist getan, abgeerntet, was bleibt jetzt? Nur noch die Stoppelfelder?“

Schaut nicht auf die leeren Felder, sondern auf die vollen Scheunen

Der Wiener Arzt und Psychologe Viktor Frankl hat das auch bei vielen seiner Patienten erlebt. Im höheren Alter konnten sie auf einmal nur noch die leeren Stoppelfelder ihres Lebens sehen. Und da gab er ihnen den Rat: Schaut nicht auf die leeren Stoppelfelder der Vergänglichkeit, sondern auf die vollen Scheunen der Vergangenheit. Darin ist alles geborgen, was ihr getan habt.

Ist die Scheune meines Lebens nicht gut gefüllt?

Die Scheune unseres Nachbarn aus meiner Kindheit ist längst abgerissen. Aber die Scheune meines Lebens, ist die nicht gut gefüllt? Schöne Reisen, viele liebe Menschen, interessante Erlebnisse, auch schwere Stunden, die ich überwunden habe. Die sind in ihr geborgen. Da bin ich gerne in der Scheune meines Lebens und erinnere mich.

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