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Volles Herz in leerer Kirche
Bild: Marcus Leitschuh

Volles Herz in leerer Kirche

Marcus C. Leitschuh
Ein Beitrag von Marcus C. Leitschuh, Katholischer Religionslehrer und Autor, Kassel
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Eigentlich sind Kirchen vollgeräumte Orte. Da hängen Gemälde an den Wänden. Es finden sich Kerzen und Blumen, Stühle und Kirchenbänke. Ganz anders sieht es gerade in einer hessischen Kirche aus. Die Elisabethkirche Kassel ist: leer. Die Künstlerin Birthe Blauth reduziert diesen Ort auf das, was der Architekt sich vorgestellt hatte. Optisch prägt der große Alter, das große Kreuz an der Wand und der freie Blick auf die Seitengärten. Das Reduzieren auf das Wesentliche überrascht beim Betreten der Kirche. Alles wirkt stimmig und aus einer Hand heraus gestaltet. Das, was in einer christlichen Kirche wichtig ist, wird so betont. Mich fasziniert diese Raumerfahrung. Ich kenne diese Kirche seit über 40 Jahren. Und doch erkenne ich ihre Schönheit und ihre kraftvolle Ausstrahlung erst jetzt so richtig. Jetzt, wo sie von allem optisch Überflüssigen befreit ist. Die Künstlerin schafft in der riesigen Kirche durchaus eine tolle Wirkung.

Bring Ordnung in dein Leben

Doch auch im Kleinen kann das funktionieren: In meiner Wohnung kenne ich solche Entrümpelungen auch, aber in der Kirche steht mehr dahinter. Ich empfinde, dass die Künstlerin eine Botschaft hat: Bring ab und an Ordnung in Dein Leben. Schau nach, was überflüssig ist. Beobachte genau, was sich da so mit der Zeit angesammelt hat und eigentlich ablenkt. Platz schaffen, Leere zulassen, das gilt auch symbolisch: Ich kenne das von mir – da wird noch eine Aktivität begonnen, noch ein Auftrag angenommen und noch ein Plan geschmiedet. Manchmal wird es dann einfach zu viel. Dann gilt es, im Alltag Platz zu schaffen. Durch Leerräumen im übertragenen Sinn Platz für Wesentliches zu schaffen. Es ist gut, dann wieder Luft zum Atmen zu haben, Weite zu spüren und die Schönheit dessen zu erleben, was wichtig ist. Die leer geräumte Kirche kann dafür ein Symbol sein.

Ich wünsche Ihnen die Lust und den Mut, im eigenen Leben immer mal wieder aufzuräumen und auszumisten und die Kraft der Leere zu entdecken.

 

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