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Dachterrasse
Bild: pexels/ jorge fakhour

Dachterrasse

Klaus Nobiling
Ein Beitrag von Klaus Nobiling, Evangelischer Pfarrer im Kirchspiel Lichtenfels-Goddelsheim
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Ich besuche einen Freund im orthopädischen Krankenhaus. Er musste sich einer schwierigen Wirbelsäulenoperation unterziehen. Die Schmerzen waren unerträglich geworden, das Laufen eine Qual.

Lange hat er mit der Operation gezögert, schließlich aber gibt er nach.

Die OP gelingt

Die OP verläuft glücklicherweise gut. Die Ärzteschaft hat ihr Bestes gegeben, mein Freund wacht nach der OP erleichtert auf. Er liegt im Krankenhausbett, lächelt matt als ich ihn besuche.

Froh erzählt er: Gestern durfte ich schon einmal aufstehen. Zwar nur bis zur Toilette, aber immerhin. Heute, sagt er, heute ist mein großes Ziel die Dachterrasse. Da will ich hin – und du hilfst mir!

Die Dachterrasse - das erste Ziel

Wir ziehen los. Vorsichtig halte ich ihn an der Schulter. Er stützt sich auf mich. Erzählt dabei, dass er sich nicht gehen lassen will. Dass die Knochen noch verdammt weh tun. Aber – und das ist das entscheidende – er will auf diese Dachterrasse. Frische Luft! Sonne! Licht!

Raus aus diesem Medizinbunker.

Schleppend erreichen wir den Aufzug

Schleppend erreichen wir den Aufzug. Wir fahren die Stockwerke nach oben, beim Abbremsen des Lifts verzieht mein Freund ein wenig schmerzhaft das Gesicht. Tapfer schleichen wir über den Flur, der Tür zur Dachterrasse entgegen.

Wir sehen raus.

Ein Strahlen geht über sein Gesicht, ein Lächeln, ein tiefer Seufzer. „Ist das schön!“ sagt er.

Sehnsuchtsorte können sehr nüchtern sein

Ich schaue mich um. Eine stinknormale Dachterrasse ist das. Waschbetonplatten, kein Blumentopf, keine Bank, nur diese große Terrasse und darüber der Himmel. Sehnsuchtsorte können sehr nüchtern sein.

Offenbar sieht das Paradies für jeden Menschen sehr unterschiedlich aus.

Gott kann das Paradies überall einrichten

Diese öde Dachterrasse war für meinen Freund der Sehnsuchtsort der letzten Tage gewesen. Seine ganze Energie hat er eingesetzt, um dahin zu kommen. Ich staune – und fange an mich mit ihm zu freuen.

Gott kann das Paradies offenbar überall einrichten, es ist aller Mühen wert!

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