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Sankt Martin reitet weiter
epd-bild / Meike Böschemeyer

Sankt Martin reitet weiter

Dr. Fabian Vogt
Ein Beitrag von Dr. Fabian Vogt, Evangelischer Pfarrer in der Öffentlichkeitsarbeit, Frankfurt
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Moderator/in: Morgen ist es wieder so weit: Sankt Martin! Scharen von Kindern ziehen mit Laternen durch die Straßen – und feiern den Heiligen, der im 4. Jahrhundert Aufsehen erregt hat, weil er seinen teuren Mantel mit einem Bettler geteilt und ihn so vor dem Erfrieren gerettet hat.

Fabian Vogt von der Evangelischen Kirche: Ich dachte immer, die Evangelischen haben’s gar nicht so mit den Heiligen. Trotzdem sind die evangelischen Gemeinden morgen auch alle bei den Martins-Umzügen mit dabei. Wie kommt das denn?

Fabian Vogt: Gute Frage! Der Reformator Martin Luther fand es im Mittelalter komisch, dass viele Menschen nicht direkt zu Gott gebetet haben, sondern sich dachten: "Die Heiligen, also: die von der Kirche heiliggesprochenen Glaubensheldinnen und -helden, die könnten doch bei Gott ein gutes Wort für mich einlegen. Das hat dann womöglich mehr Durchschlagskraft."

Was wir von Sankt Martin lernen können

Da sagte Luther: "Nö! Jeder kann und darf sich direkt an den Chef wenden." Trotzdem war er überzeugt: Natürlich sind die Heiligen große Vorbilder. Von denen können wir was lernen. Zum Beispiel vom Heiligen Martin, dass es ein urchristlicher Wert ist, mit Menschen zu teilen, die in Not sind.

Das heißt: Es geht an Sankt Martin weniger um die Person des Heiligen als um das, was er gemacht hat?

Fabian Vogt: Genau. Dazu kommt noch: In der Bibel wird der Begriff "Heilige" ursprünglich gar nicht für irgendwelche herausragenden Persönlichkeiten benutzt, sondern für alle Glaubenden. Jeder, der an Gott glaubt, ist ein Heiliger.

Und dann lautet die Frage auch nicht: "Was hat der Heilige Martin vor über 1600 Jahren gemacht?2, sondern: "Was können wir heute machen?"

Ich vermute: Sankt Martin würde sich heute zum Beispiel um Flüchtlinge kümmern. Oder um die Menschen, die in der Ukraine zu erfrieren drohen. Zeit, mal wieder einen Mantel zu teilen.

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