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Weihnachtsrundbriefe
Bild: Pixabay / Alexandra Fernandez

Weihnachtsrundbriefe

Claudia Rudolff
Ein Beitrag von Claudia Rudolff, Rundfunkpfarrerin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Kassel
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Immer mal wieder bekomme ich Weihnachtsrundbriefe, in denen Familienmitglieder, Freunde oder Bekannte ihr Jahr Revue passieren lassen. Beim Lesen wundere ich mich manchmal schon. Die Kinder dieser Familien durchlaufen problemlos die Schule, treiben nebenbei mehrere Sportarten und lernen ein Instrument. Die Eltern berichten von traumhaften Urlauben, beruflich gibt es nur Erfolge.

Wirklichkeit contra Weihnachtsrundbriefe

Dabei läuft es in vielen Familien gar nicht so perfekt. Für manche Eltern wird jedes Lehrergespräch zur Zitterpartie: Von welchen schlechten Noten weiß ich nichts? Die Kids hängen vor dem Computer, anstatt Sport zu treiben.

Und im Beruf ist der Traum von der Karriere längst ausgeträumt.

Warum fällt es gerade an Weihnachten so schwer zuzugeben, was auch misslingt und schwierig ist? 

Die Sehnsucht nach einem Stück heiler Welt

Vielleicht hängt es damit zusammen: Viele sehnen sich nach einem Stück heiler Welt. Obwohl es eigentlich guttäte, die Wahrheit sagen zu dürfen - sagen, was wirklich ist. Das echte Leben, mit all seinen Herausforderungen mal ins Licht zu holen, statt es zu verstecken.

In der Weihnachtsbotschaft der Bibel passiert genau das - Da heißt es bei Lukas, dem Evangelisten: „Der Engel des Herrn trat zu den Hirten und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie.“ (Lk. 2,10

Gottes Licht enttarnt den Schein der heilen Welt

Die Klarheit Gottes - sozusagen sein Licht, dass mit den Engeln kommt, leuchtet das Dunkel aus. Dieses Licht leuchtet auch aus, was Menschen vielleicht lieber verstecken würden und enttarnt den Schein der heilen Welt. 

Auch in der Weihnachtsgeschichte der Bibel ist nicht alles perfekt: Zunächst sagt der Engel über Gott die Wahrheit: Gott ist ein Mensch geworden in einem Kind. Er ist nicht als Herrscher geboren. 

Dann ist da Maria – schwanger, aber nicht von ihrem Verlobten. Und da ist Josef, der damit erst einmal gar nicht zurechtkommt und Maria beinahe verlassen hätte. Und da sind die Hirten, von denen man damals sagte: Mit Mein und Dein nehmen sie es nicht so genau. 

Und schließlich: die drei Weisen aus dem Morgenland – auch ein bisschen seltsame Typen: Rennen einem Stern hinterher und suchen einen König. 

An der Krippe haben alle ihren Platz

Aber: An der Krippe haben sie alle ihren Platz: Menschen mit geraden und schrägen Lebenswegen. Um sie alle leuchtet die Klarheit Gottes, so dass sie erkennen: Gott liebt uns, weil und obwohl wir so sind.

Deshalb möchte ich es mir immer wieder durch die Weihnachtsgeschichte sagen lassen: Der Heiland, der an Weihnachten in die Welt kommt, kann Heil und Heilung schenken. Aber dazu braucht es die Klarheit, den Blick auf die ungeschönte Wahrheit.

Ohne die Wahrheit wird es nicht heil zwischen uns

Ohne die Wahrheit wird es nicht heil zwischen uns. Nicht im Kleinen, nicht in der Familie und auch nicht im Großen der Welt. An der Krippe darf ich die Wahrheit sagen. Ich darf sagen, was mir gelingt. Und ich kann zugeben, womit ich scheitere. 

Muss niemandem eine heile Welt vorzuspielen. Schon gar nicht Gott. 

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