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Die wahren Helden von Katar
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Die wahren Helden von Katar

Rüdiger Kohl
Ein Beitrag von Rüdiger Kohl, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt-Bockenheim
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Das Foto zeigt Amish Gurung, 2000-2021, der als Bauarbeiter in Katar ums Leben kam. Quelle: 11 Freunde/Blankspot

Ich erinnere mich gut: Als ich ein Kind war, kaufte ich mir vor jeder Fußballweltmeisterschaft von meinem Taschengeld Tütchen mit Sammelbildern. Nach einigen Wochen war das Album voll. Und ich war mir sicher: Einige dieser Spieler können zu unsterblichen Helden werden. 

Sammelalbum für die Größten

Bei dieser WM in Katar ist vieles anders. Es geht nicht nur ums Gewinnen. Nicht nur um das schöne Spiel. Sondern um Menschenwürde und Menschenrechte. Einschließlich der Religionsfreiheit. Genauso wie um die Verantwortung für den Erhalt der Schöpfung. Deshalb stellt sich mir die Frage: Wer sind eigentlich die wahren Helden dieser WM?  

11 Freunde und Blankspot - Initiative der Fußballmagazine

Das Fußballmagazin 11 Freunde und das schwedische Magazin Blankspot haben dazu ein Projekt ins Leben gerufen. Es heißt "Cards of Catar" und erzählt die Geschichte von Wanderarbeitern, die in Katar zu Tode gekommen sind auf Sammelkarten. Sie sehen ganz ähnlich aus wie die offiziellen Sammelkarten.

Menschen aus Indien, Nepal, Bangladesch

Auf der Homepage von 11 Freunde habe ich mich durch die Karten geklickt. Habe die Gesichter der Arbeitsmigranten aus Indien, Nepal und Bangladesch gesehen. Habe ihre Geschichten gelesen. Mein erster Gedanke: Ist es nicht makaber, dass diese Karten so glänzend sind wie die von Fußballstars, wo die Geschichten dahinter doch so traurig sind? Martin Schibbye, schwedischer Journalist, sagt dazu: "Nein, weil diese Arbeiter Stars sind. Sie sind hochqualifiziert, motiviert und wollten ihre Familien aus der Armut befreien. Dafür haben sie unheimlich viel auf sich genommen. Wir wollten sie nicht als Opfer darstellen."

Ein Trost für die Hinterbliebenen

Die Hinterbliebenen der gestorbenen Wanderarbeiter erfahren so, was mit ihren Angehörigen passiert ist. Dafür sind sie dankbar. Sie sind froh, dass das Turnier unter den Augen der Weltöffentlichkeit stattfindet. Der schwedische Journalist erzählt: "Wir sind zu den Familien der Hinterbliebenen gefahren. Niemand hat mir gesagt, dass sie einen Boykott wollen. Die Familie von Bahadur Bishworkarma etwa ist stolz auf seine Fähigkeiten. Er war Facharbeiter und musste mit teurem Material wie den Marmorfliesen für die Fußböden umgehen. Deshalb sagten sie, alle Fans, die an den Marmorböden vorbeikommen, sollten seine gute Arbeit zu schätzen wissen."  

Ich verbinde mich mit Menschen und ihrer Geschichte

Ich finde diese Aktion gut. Sie gibt Menschen ein Gesicht und erzählt ihre Geschichte. Ich kann mich mit ihnen emotional verbinden. So wie ich sonst auch mit den Nationalspielern auf meinen Sammelkarten verbunden war. Die Journalisten wollen die Karten in Deutschland und anderen Ländern verkaufen und das Geld den Hinterbliebenen geben. Damit die Menschen nicht vergessen werden, die für diese WM große Opfer gebracht haben. Sie sind die wahren Helden dieser WM.
 

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