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Gott als Schwarze Frau
Getty Images / RyanJLane

Gott als Schwarze Frau

Ein Beitrag von Mirjam Jekel, Evangelische Theologin, Rüsselsheim
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Es gibt eine Geschichte, die seit Beginn der bemannten Raumfahrt kursiert: Eine Gruppe Astronauten kommt von der ersten Mission ins All zurück. Eine Menge Reporter empfängt sie.

Einer fragt: "Habt ihr Gott da oben gesehen?" Einer der Weltraumfahrer antwortet: "Ja." "Und?", fragt der Reporter. Der Astronaut sagt: "Sie ist schwarz."

Michelangelos alter weißer Mann mit Bart

Die Pointe dieser Geschichte ist ihr unerwartetes Ende. Gott – eine Schwarze Frau. Aber warum ist das eigentlich so unerwartet?

Ich vermute: Weil es das Gegenteil vom klassischen Gottesbild ist, das wir in Europa entwickelt haben. Auf den Gemälden Michelangelos zum Beispiel ist Gott ein alter weißer Mann mit langem Bart.

Allmächtiger!

In der Bibel wird Gott oft als "er" beschrieben. Als "Herr" oder als "Vater". Die Bilder wirken lange im Hinterkopf nach. Auch in meinem. Es liegt dann nahe, sich Gott als Mann vorzustellen.

Aber ich vermute, es hat auch etwas mit der Vorstellung von Macht und Ansehen zu tun. Für Michelangelo ist Gott jemand, der unendlich viel Macht hat. All-mächtig eben. Als Vorbild dienten dem Maler die Machthaber seiner Zeit. Und das waren eben weiße Männer.

Schwarze Machthaberinnen

Aber was, wenn ich mir stattdessen Gott als Schwarze Frau ausmale? Es gab und gibt Schwarze Machthaberinnen.

Bereits im 17. Jahrhundert gab es die Königin Nzinga von Ndongo und Matamba, das ist im heutigen Angola – eine mächtige Herrscherin.

In Kenia bekam die einflussreiche Politikerin Wangari Maathai 2004 den Friedensnobelpreis - als erste Frau aus Afrika. Es ist also durchaus möglich, sich Gott als mächtige, vielleicht auch Ehrfurcht einflößende Schwarze Frau vorzustellen.

Leid kennen und aushalten 

Aber: Warum soll man Gott immer nur als mächtig und beängstigend vor Augen haben? Die Bibel ist vielschichtiger. Sie kennt auch andere Bilder von Gott. Mitleidend. Quelle für die Kraft, die es in Krisen braucht.

Das finde ich ebenfalls in der Vorstellung von Gott als Schwarzer Frau wieder. Denn: Viele Schwarze Frauen haben schreckliches Leid erlitten.

Sie haben erlebt, wie ihre Heimat kolonialisiert wurde. Viele wurden als Sklavinnen verkauft. Die, die überlebten, bewahrten die Erinnerung an das Leid und das Unrecht, aber auch den Mut und die Kraft zu überleben.

Eine Schwarze Matriarchin, die sich kümmert

Ich denke an Theodora aus Kamerun, die ich auf einer Reise kennengelernt habe. Ihre Bekannten nennen sie nur Mamá. Sie kocht gerne und kümmert sich um alle Menschen um sie herum, als wären sie Teil ihrer Familie. Wenn sie ihre Haare mit einem Tuch hochbindet, sieht sie aus wie eine Königin. 

Gott als eine Schwarze Matriarchin, die sich kümmert. Warum nicht? Kein Mensch hat Gott je gesehen. Die Bibel spricht in Bildern von Gott.

Darin kommen die verschiedenen Aspekte vor: Machtvoll und streng. Mütterlich und liebevoll. Voller Leid und voller Mut. Das öffnet mein Herz für neue Bilder. 

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