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„Mit dem Fahrrad ins Paradies“
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„Mit dem Fahrrad ins Paradies“

Andrea Maschke
Ein Beitrag von Andrea Maschke, Katholische Pastoralreferentin in Bad Homburg / Friedrichsdorf
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In den Herbstferien war ich in Rom. Eher zufällig bin ich in einer Kirche in der Nähe des Hauptbahnhofs auf eine kleine Ausstellung gestoßen. Stellwände standen ringsrum.  Es geht um das Leben eines Mannes, der kurz vor meinem Besuch in Rom, am 9. Oktober diesen Jahres, von Papst Franziskus heilig gesprochen wurde. Der Mann, also der neue Heilige, heißt Artemide Zatti. 

Was mich als leidenschaftliche Radfahrerin angesprochen hat, war der Untertitel der Ausstellung: „Mit dem Fahrrad ins Paradies“. Das hat mich doch neugierig gemacht, und so habe ich also in der Kirche eine Runde gedreht und die Aufsteller mit der Lebensgeschichte von Artemide Zatti gelesen, immer auf der Suche nach der Geschichte mit dem Fahrrad. 

Ein wichtiger Ratgeber und Begleiter

Artemide Zatti wandert als junger Mann am Ende des 19. Jahrhunderts mit seinen Eltern und Geschwistern von Italien nach Argentinien aus, wie viele auf der Suche nach einem besseren Leben. Er fühlt sich vom Orden der Salesianer angezogen, überlegt sogar Priester zu werden. Bei der Pflege eines Kranken steckt er sich mit Tuberkulose an. Nun fürchtet er selbst um sein Leben und verspricht Maria, der Mutter Gottes, sein Leben den Kranken und Armen zu widmen, wenn er genesen würde. Wieder gesund beginnt er, in der Apotheke der Salesianer zu arbeiten und schließt sich dem Orden an. Er bekommt immer mehr Verantwortung übertragen, nicht nur für die Apotheke, sondern auch für die angrenzende Klinik. Als Apotheker und Salesianer ist er viele Jahre lang den Menschen ein wichtiger Ratgeber und Begleiter, auch in spiritueller Hinsicht.

Mit 70 Jahren stirbt er in Argentinien. 

Und das Fahrrad?

Seine Taschen waren voller Medikamente

Don Zatti, wie er genannt wurde, war viel mit dem Rad unterwegs.  Und er hat sich dabei Zeit genommen: für einen herzlichen Gruß, ein gutes Wort, manch einen medizinischen Ratschlag und auch spontane Hilfe. Seine Taschen, heißt es, waren immer voller Medikamente, die er großzügig an die verteilte, die sie sich sonst nicht hätten leisten können. Viele Menschen haben ihn um einen Besuch gebeten. Er radelte von einem zur anderen -  und war nicht nur wegen seines therapeutischen Wissens geschätzt, sondern auch wegen seiner freundlichen ermutigenden Art und seines starken Glaubens, der auf die Menschen ausstrahlte. Schwerkranke haben Linderung erfahren, wenn er mit ihnen betete, Sterbende konnten mit ihm an ihrer Seite ruhig gehen.

Bilder von Artemide Zatti zeigen einen Mann mit Schnurrbart und Schiebermütze.

Ein kurzer Gruß nach rechts und links

Auf einem der Fotos sieht man, wie er sein Fahrrad schiebt. Ich kann mir vorstellen, dass er an manchen Tagen gar nicht weit kam… Mich beeindruckt das. Da nimmt sich jemand Zeit für die Menschen, die er trifft, die ihn ansprechen, die seine Hilfe brauchen. Großzügig, uneigennützig und anscheinend mit großer Geduld. 

Wenn ich aufs Rad steige, dann will ich meistens flott von A nach B. Ein kurzer Gruß nach rechts und links, mehr ist da nicht drin.

Ein sympathischer Heiliger

Hin und wieder aber bin ich ohne Zeitdruck unterwegs. Und dann passieren manchmal sehr besondere Begegnungen: die Unterhaltung mit der Frau, die an der Kasse hinter mir wartet, die Begegnung mit dem Obdachlosen, an dem ich fast jeden Tag vorbei gehe, Gespräche mit Menschen, die ich sonst nur mit einem Zunicken grüße. 

Es war das besondere Charisma von Don Zatti, sich Zeit zu nehmen für die, die seine Hilfe brauchten, von seiner Zeit zu verschenken, großzügig zu sein.

Ein sympathischer Heiliger, vielleicht ein Vorbild, mit oder ohne Fahrrad. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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