Vergeben und um Vergebung bitten
"Wir vergeben und bitten um Vergebung." In großen Buchstaben sind diese Worte in den Boden eingelassen. In polnischer und in deutscher Sprache, mitten in Breslau. Darüber thront eine große Statue. In der Hand hält sie eine Friedenstaube.
Ein Denkmal für den polnischen Kardinal Boleslaw Kominek
Es ist das Denkmal für den polnischen Kardinal Boleslaw Kominek. Wir vergeben und bitten um Vergebung. Mit diesen Worten wandten sich im Jahr 1965 polnische katholische Bischöfe an ihre deutschen Kollegen. Boleslaw Kominek war die treibende Kraft.
Damals im Jahr 1965 waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen schwer belastet. Die Wunden durch den deutschen Angriffskrieg waren in Polen längst nicht verheilt. Und in Deutschland war die Vertreibung aus den Ostgebieten noch ganz präsent.
Begegnungen mit polnischen Gesprächspartnern
Ich stehe auf dem Platz vor dem Denkmal und bin dankbar. Hinter mir liegt eine Woche voller Begegnungen mit polnischen Gesprächspartnern. Wir haben über Gemeinsames gesprochen und über Trennendes. Die Begegnungen waren freundlich und offen. Dass wir heute so unbefangen miteinander reden können, das ist ein kleines Wunder. Wir verdanken es Menschen wie Boleslaw Kominek.
Zweimal über den eigenen Schatten springen
Vergeben und um Vergebung bitten: Da muss man gleich zweimal über den eigenen Schatten springen. Man reicht jemandem die Hand, der einem Unrecht getan hat. Und man gesteht ein, dass man selbst auch Leid verursacht hat. Das ist ein großzügiges Friedensangebot.
Es gehört viel dazu, einem anderen zu vergeben. Wer Unrecht erfährt, ist verletzt oder wütend.
Festgefahrene Konflikte: Wie kommt man da wieder raus?
Viele Konflikte sind auch festgefahren, weil jede Partei nur ihren Standpunkt sieht.
Wie kommt man da wieder raus?
Wer sich für die andere Seite öffnet, gewinnt neue Perspektiven. So wächst Verständnis. Das trägt auch dazu bei, dass die eigenen Verletzungen besser heilen. Und ich sollte mir klarmachen: Nicht nur ich leide in diesem Konflikt. Auch für die anderen ist es schwer, mit der Situation umzugehen.
Kardinal Boleslaw Kominek hat mutigen Schritt gewagt
Der polnische Bischof hat sich bewegt. Er hat sich auf die Seite der feindlichen Nachbarn begeben. Mit ihren Augen hat er auf die zerstörten Beziehungen geschaut. Ein großer Schritt, wenn man an das Unrecht denkt, das polnischen Menschen im 2. Weltkrieg von deutscher Seite zugefügt wurde.
Für so einen Schritt braucht man Mut. Und man braucht die Überzeugung: Aussöhnung ist möglich. Boleslaw Kominek hat fest an einen Neuanfang geglaubt.
Glaube kann positive Energie freisetzen
Dieser Glaube hat eine positive Energie freigesetzt. Sie wirkt bis heute. Mich macht das zuversichtlich. Ich schöpfe daraus Hoffnung. Versöhnung ist möglich, in den kleinen Konflikten im Alltag und in den großen in der Gesellschaft.