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Wenn die Worte einfach nicht raus wollen
Bild: Pixabay

Wenn die Worte einfach nicht raus wollen

Eva Reuter
Ein Beitrag von Eva Reuter, Katholische Pastoralreferentin, Betriebsseelsorge im Bistum Mainz / Regionalstelle Rheinhessen
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Ein Mann steht beim Bäcker an der Theke vor mir. Als er an der Reihe ist, öffnet er den Mund und sagt erst einmal nichts. Nach einer Weile bestellt er drei Brötchen – es ist kaum zu verstehen, denn der Mann stottert stark.

Die Verkäuferin reagiert sehr gut: Sie bleibt ganz gelassen und schaut den Kunden freundlich an, während sie wartet, bis er seinen Satz zu ende formuliert hat.

Nicht alle Menschen reagieren so. Heute am „Welttag des Stotterns“ soll auf die Schwierigkeiten von stotternden Menschen aufmerksam gemacht werden.

Eine Störung der Nervenfunktionen

Rund ein Prozent der deutschen Bevölkerung stottert. Sie vervielfachen Buchstaben oder Silben am Anfang der Wörter oder sind in ihrem Redefluss gehemmt. Die Wörter kommen einfach nicht aus ihrem Mund – obwohl sie genau wissen, was sie sagen wollen. Stottern hat nämlich nichts mit geringer Intelligenz oder geistiger Leistungsfähigkeit zu tun.

Genau das gehört aber zu den Vorurteilen, denen stotternde Menschen häufig begegnen. Oft werden stotternde Kinder auch ausgelacht oder gehänselt. Warum manche Kinder anfangen zu stottern, ist noch nicht vollständig erforscht. Als sicher gilt: Es ist eine Störung der Nervenfunktionen, die die Impulse vom Gehirn zu den entsprechenden Körperteilen wie Atmungsorganen und Zunge leiten.

Mit einer Therapie das Stottern überwunden

Bei manchen Kindern verschwindet das Stottern von selbst wieder. Anderen hilft eine Therapie. Viele berühmte Menschen haben gestottert. Durch den Film „The kings speech“ wurde zum Beispiel die Geschichte von König Georg VI. bekannt, der mit Hilfe einer Therapie das Stottern überwunden hat und zum mitreißenden Redner geworden ist. In der Bibel steht die Geschichte von Mose, der offenbar auch Schwierigkeiten hatte, zu sprechen, wenn er aufgeregt war. Im 2. Buch Mose heißt es: „Doch Mose sagte zum HERRN: Aber bitte, Herr, ich bin keiner, der gut reden kann, weder gestern noch vorgestern, noch seitdem du mit deinem Knecht sprichst. Mein Mund und meine Zunge sind nämlich schwerfällig.“ (Exodus / 2. Mose 4,10)

Moses hat das Problem offenbar gelöst, in dem er mit seinem Bruder Aaron gesprochen hat und ihn die Reden vor der Menschenmenge halten ließ. In der Bibel steht: Mose erzählte Aaron von dem Auftrag, mit dem der HERR ihn gesandt hatte, und von allen Zeichen, zu denen er ihn ermächtigt hatte. Mose und Aaron gingen und versammelten alle Ältesten der Israeliten. Aaron wiederholte vor ihnen alle Worte, die der HERR zu Mose gesprochen hatte, und er vollbrachte die Zeichen vor den Augen des Volkes.  (Exodus / 2. Mose 4,28-30).

Ich halte den Blickkontakt

Den meisten Stotternden hilft es, wenn sie nicht unter Druck gesetzt werden. Also nehme ich mir ein Beispiel an der Bäckerei-Verkäuferin: Ich halte den Blickkontakt und warte geduldig, bis mein Gegenüber seinen Satz beendet hat. Ich rede nicht dazwischen oder beende den Satz für den Stotternden. Und auch kluge Ratschläge wie „Nur ruhig atmen“ oder „Singen soll helfen“ verkneife ich mir, denn Stottern ist eine Beeinträchtigung des Sprechens und nicht des Denkens. Und eigentlich ist es ja in jedem Gespräch gut, dem anderen Menschen ruhig zuzuhören, was er oder sie sagen will.

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