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44 Cent gegen den Hunger
Bild: Pixabay

44 Cent gegen den Hunger

Eva Reuter
Ein Beitrag von Eva Reuter, Katholische Pastoralreferentin, Betriebsseelsorge im Bistum Mainz / Regionalstelle Rheinhessen
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Manchmal liege ich morgens im Bett und denke über den Tag nach: Was muss ich heute alles erledigen, was steht an und was koche ich heute? Ich koche gerne, saisonal und regional und meist nichts Aufwendiges. Ich überlege: Wer kommt alles zum Essen? Und habe ich genug Lebensmittel für alle im Haus? Wenn nicht, plane ich halt den Einkauf. 

Davon sind wir noch weit entfernt

In diesen Zeiten ist das eine ziemlich privilegierte Situation – das wird mir immer mehr bewusst. Klar, ich merke auch die steigenden Preise, und „Extrawürste“ sind nicht mehr so oft möglich. Aber wirklich hungern muss in meinem Umfeld niemand. Mir ist klar: Das geht nicht allen Menschen in Deutschland so und weltweit schon gar nicht.

Gestern war der Welternährungstag. Dieser Tag wird auch „Welthungertag“ genannt und findet jährlich am 16. Oktober statt. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf das wichtige Thema Ernährung. Das erste der UN-Milleniums-Ziele ist: Die Zahl der von Hunger und extremer Armut bedrohten Menschen weltweit halbieren. Davon sind wir noch weit entfernt.

Dafür kann ich sechs Menschen einladen

Die Situation in der Ukraine und die Auswirkungen, die das auf die weltweite Versorgung mit Getreide hat, hat mir wieder mal gezeigt, wie sehr alles zusammenhängt. Manchmal fühle ich mich da ohnmächtig: Was kann ich schon tun, gegen den Hunger weltweit?  

Eine Frage auf der Webseite zum Welthungertag hat mich nachdenklich gemacht: „Würdest du Hungernde zu deinem Essen einladen?“ Die Website zeigt auch gleich, wie das gehen kann: Zuerst kann man dort die eigene „Speisekarte“ für einen Tag zusammenstellen und berechnen, wie viel man täglich fürs eigene Essen ausgibt. Ich hab das gemacht und festgestellt: Bei mir sind es ungefähr 6 Euro. Ein Rechner schlug mir dann vor: Für die Hälfte dieses Betrags, also für 3 Euro, kann ich sechs Menschen einladen – denn rechnerisch braucht es nur 44 Cent, um einen Menschen mit Hilfe des Welternährungsprogramms satt zu bekommen. 44 Cent – da bekomme ich bei meinem Bäcker ein einfaches Brötchen, oder beim Discounter ein Kilo Mehl.

Ich bin auch so erzogen worden

Als Christin gehört zu meinem Glauben die Sorge um meine Mitmenschen grundlegend dazu. Und Hungrige satt machen: Das gehört zu den Basics aus der Bibel, auch Jesus hat seine Jünger dazu aufgefordert (vgl. Matthäus-Evangelium 25, 31-40). Ich bin auch so erzogen worden: Der, der etwas hat, gibt demjenigen etwas ab, der etwas braucht. – Für mich ist es also keine Frage, dass ich gerade in diesen Zeiten etwas abgebe.

"Fair-Teiler" ein Schrank für haltbare Lebensmittel

Geldspenden sind immer gut. Man kann die Höhe selbst definieren und kein Betrag ist zu klein. – Ich werd vielleicht wirklich ab und zu 3 Euro für einen Tag überweisen und von meinem Essen die Hälfte abgeben. Aber manchmal möchte ich konkret vor Ort etwas tun. Nicht nur Menschen in Ostafrika hungern gerade, sondern auch manche Menschen in meinem Dorf wissen am Ende des Monats nicht mehr, was sie auf den Tisch stellen sollen. Deshalb lege ich hin und wieder etwas in den „Fair-Teiler“. Das ist ein Schrank, in dem haltbare Lebensmittel bereitgestellt werden für Menschen, die es brauchen. Und für 44 Cent kann ich ein Kilo Mehl reinstellen. Noch ein Päckchen Hefe dazu und schon gibt es ein Brot, das eine Familie satt machen kann.

Mir gefällt der Gedanke, dass ich auf diese Weise Hungernde zum Essen einlade. Heute denke ich vor dem Essen an diese mir unbekannten Menschen und wünsche ihnen guten Appetit.

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