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Dieses Leuchten zwischen uns
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Dieses Leuchten zwischen uns

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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„Wir können nicht allen helfen“, sagt die Mutter ihrem Kind. Und hilft dann doch dem Bettler, gibt ihm ihr letztes Geld. Jetzt können sie nicht mehr mit dem Bus heimfahren, erzählt Ingvild Rishøi in einer Geschichte im Buch „Winternovellen“.

Unerwartete Hilfe aus der Umkleidekabine nebenan

Damit das Mädchen nicht friert, will die Mutter ihr noch eine warme Hose kaufen. In der Umkleidekabine merkt sie, dass sie ja die Hose jetzt auch nicht bezahlen kann. Also will sie stehlen. Sie macht die Markierung ab, damit am Ausgang kein Alarm anschlägt. Es ist alles so aussichtslos. Aber es muss sein. Die Mutter schnappt sich Kind und Hose und geht vor die Tür der Kabine. Dort steht ein Mann. Die Mutter hält ihn für den Detektiv. Aber der Mann sagt: „Bitte nehmen Sie das hier“, und hält ihr einen hohen Geldschein hin. Er sagt: „Ich war in der Kabine nebenan und konnte alles hören.“ Die Mutter nimmt das Geld. Mutter und Kind fahren mit dem Bus heim.

Anderen in Not einfach helfen

Einfach verschenken geht auch. Man hört oder fühlt eine Not und verschenkt etwas. Wir können nicht allen helfen. Aber manchmal können wir, nicht wahr? Und manche tun das auch. Sie überlegen nicht lange, sondern haben ein Herz. Und Hände zum Verschenken. Sie haben ihre Sinne weit offen - auch für andere. Sie fragen nicht: Was geht mich das an? Es geht sie etwas an, finden sie. Sie werden nicht ärmer, wenn sie schenken. Selbst wenn sie mal enttäuscht werden, schenken sie das nächste Mal wieder. Man muss nie alles festhalten.

Augenblicke, in denen Gott leuchtet

Das sind Augenblicke, da leuchtet Gott zwischen uns, finde ich. Einem Menschen fehlt Geld, ein anderer gibt es ihm. Jemand sucht Trost, eine andere ist da. Jemand hört eine Sorge und tut alles dafür, dass sie wieder verschwinden kann. Wir leben für die, denen es an Leben fehlt. Ich hoffe, ich wäre dieser Mensch in der Nachbarkabine. Manchmal hört man ja etwas mit, ob man will oder nicht. Und hört auch eine Sorge, einen trostlosen Augenblick. Dann hoffe ich, dass ich zur Stelle bin. Mit allen Sinnen. Auch mit dem Geldbeutel, wenn’s sein soll. Ich will dann einfach, dass eine Sorge weniger ist in der Welt. Und dafür ein Leuchten Gottes mehr.                

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