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Jona und der Wal
Bild: pixabay

Jona und der Wal

Dr. Marco Bonacker
Ein Beitrag von Dr. Marco Bonacker, Katholischer Leiter der Abteilung Bildung und Kultur im Bischöflichen Generalvikariat Fulda
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Heute bzw. morgen gedenken die beiden großen Kirche in Deutschland dem Propheten Jona. Das gleichnamige Buch des Alten Testaments gehört zu den beliebtesten Stoffen der Bibel. Es berichtet in einer homogenen und kurzen Erzählung von seiner Berufungsgeschichte und dem Auftrag, den Gott ihm gibt.

Die Episode mit dem riesigen Fisch, der Jona verschluckt, fehlt in keiner Kinderbibel. Die Faszination, die von der Geschichte ausgeht, beginnt also auch wegen ihrer starken, einprägsamen Bilder schon bei den Kleinsten.

Ein Sturm bricht los

Jona ist ein widerspenstiger Typ. Er soll nach Ninive gehen, um dort die Menschen zur Umkehr aufzurufen. Ninive gilt im Kontext der Geschichte des Alten Testaments als die Stadt der Sünde. In diese Sin City wird Jona geschickt. Der aber weigert sich und flieht – weit weg von Gott, so steht es in der Parabel. In Jafo besteigt er ein Schiff, um damit nach Tarschisch zu fahren. Gott lässt einen heftigen Sturm losbrechen und die Besatzung bekommt es mit der Angst zu tun. Schnell wird klar: Jona ist dafür verantwortlich und er selbst will sich ins Meer werfen lassen, damit sich die Lage beruhigt und die Besatzung mit dem Leben davonkommt. Die Besatzung aber versucht alles, dies nicht zu tun. Als sie aber trotz allem Rudern und Navigieren nichts ausrichten können, werfen sie ihn doch ins Meer, das augenblicklich aufhört zu toben. Ohne es zu wollen, hatte Jona die Männer an Bord zu Jahwe bekehrt, dessen Macht und Herrlichkeit sie nun Zeuge geworden waren.

Drei Tage im Bauch des Wals

Dann komm die Szene, die jedes Kind kennt: Ein großer Fisch verschlingt Jona und er bleibt drei Tage und drei Nächte im Bauch, bevor er an den Strand gespült wird.

Mit christlichen Augen, das war schon für die Kirchenväter eine dankbare Textstelle, hält der Leser inne und erinnert sich: Drei Tage, in der Tiefe des Meeres, im Bauch des Fisches, Dunkelheit, Verlassenheit, aber auch Hoffnung und Zuversicht und schließlich der Strand und das Leben. Natürlich: ein Bild für die Auferstehung Jesu, ein Bild für die Macht Gottes, ein Bild der Hoffnung auf Rettung. Alles das zeigt sich eindrücklich im Bild von Jona im Bauch des riesigen Fisches.

Die Erzählung ist kurz, und nach dem Strand geht es umso schneller weiter: Jona geht, nachdem ihn Gott nochmals ruft, in die Stadt Ninive und die Menschen bekehren sich, schmeißen sich in Bußgewänder und wollen sich bessern. Gott sieht das und verschont die Stadt.

Ende gut, alles gut?

Ende gut alles gut, könnte man meinen. Aber weit gefehlt: Jona ist wütend und zornig und sagt: „Ach Herr, habe ich das nicht schon gesagt, als ich noch daheim war? Eben darum wollte ich ja nach Tarschisch fliehen; denn ich wusste, dass du ein gnädiger und barmherziger Gott bist.“

So ganz eingängig ist die Geschichte hier für mich nicht mehr, denn wieso ärgert sich Jona darüber, dass auch anderen die Gnade Gottes zuteilwird? Wieso freut er sich nicht vielmehr, dass er als Werkzeug Gottes die frohe Botschaft der Umkehr erfolgreich vermittelt hat? Will er nicht als falscher Prophet dastehen, weil er schon ahnte, dass Gottes Strafe nicht eintrifft? Vielleicht ist folgender Erklärungsansatz der richtige: Ninive, der Hauptstadt Assyriens und daher eine Weltmacht, die Israel dominiert, gewährt Gott seine Gnade. Es muss dem Israeliten Jona unangenehm sein, daran beteiligt zu sein.

Dem Feind helfen

Zumindest ist es eine schwere Prüfung, seinem Feind auch noch zu helfen und die göttliche Gnade zu vermitteln. Und das wäre dann auch die eigentliche Botschaft des Buches Jona für mich:

Absehen von meinen eigenen Interessen, sich ganz in den Dienst des Herrn stellen, meine begrenzte Sicht und mein Freund-Feind-Schema abstreifen und das Heil für alle Menschen wollen - das manchmal ganz anders aussieht, als ich es mir wünsche. Gar nicht so einfach. Weder für Jona noch für uns heute.

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