Das Lied der Bernadette
(Autor: Alexander Matschak / Sprecherin: Beate Hirt)
Lourdes – einer der bekanntesten Wallfahrtsorte der katholischen Kirche: Hier, in den französischen Pyrenäen soll dem 14-jährigen Hirtenmädchen Bernadette Soubirous vor über 150 Jahren die Jungfrau Maria erschienen sein. Heute pilgern jährlich vier bis sechs Millionen nach Lourdes. Und Tausende nehmen ein Bad im Quellwasser des Wallfahrtsorts – in der Hoffnung auf Heilung.
Lourdes - der Hoffnungsort für den Dichter Franz Werfel
Lourdes war auch für den Dichter Franz Werfel ein besonderer Hoffnungsort. Als Jude musste er vor den Nationalsozialisten fliehen und war im Sommer 1940 nach Lourdes gekommen. Heute wäre übrigens sein 132. Geburtstag. In Lourdes lernte Franz Werfel die wundersame Geschichte des Mädchens Bernadette kennen und schwor sich: Wenn er sein Exil, die rettenden USA erreichen würde, würde er einen Roman über die Wunder von Lourdes schreiben. Werfel gelang die Flucht und ein Jahr später erschien sein Roman: „Das Lied von Bernadette“. Es wurde sein erfolgreichstes Buch.
Das Vorwort seines Romans ist weiterhin hochaktuell
Ich habe es kürzlich gelesen. Und mich hat sehr berührt, was Franz Werfel in seinem Vorwort zu dem Roman schreibt: „Ich habe es gewagt, das Lied von Bernadette zu singen, obwohl ich kein Katholik bin, sondern Jude. Den Mut zu diesem Unternehmen gab mir ein weit älteres und viel unbewussteres Gelübde. Schon in den Tagen, da ich meine ersten Verse schrieb, hatte ich mir zugeschworen, immer und überall durch meine Schriften zu verherrlichen das göttliche Geheimnis und die menschliche Heiligkeit – des Zeitalters ungeachtet, das sich mit Spott, Ingrimm und Gleichgültigkeit abkehrt von diesen letzten Werten unseres Lebens.“ Ich finde seine Worte weiterhin hochaktuell – vor allem mit Blick auf die Kriege in aller Welt und darauf, was Menschen anderen Menschen antun können.
Menschen auf der Suche nach Nähe zum „göttlichen Geheimnis“
Werfel schreibt vom „göttlichen Geheimnis“: Das ist es wohl, was ihn an Lourdes und der Geschichte des Mädchens Bernadette so berührt hat. Ich glaube, viele Menschen sehnen sich danach, die Nähe des Göttlichen zu fühlen. Die Nähe eines Gottes, von dem man sich ja kein Bildnis machen soll. Vielleicht stattdessen wenigstens eine Ahnung zu bekommen von diesem „göttlichen Geheimnis“. Und deswegen machen sich Menschen auf die Suche. Auf Spurensuche an die Orte, wo sie die Nähe Gottes zu fühlen hoffen. Wie die Geburtsgrotte in Bethlehem. Oder für jüdische Gläubige der Tempelberg in Jerusalem. Oder die Kaaba in Mekka für Muslime. Oder die vielen anderen Wallfahrts- und Pilgerorte überall auf der Welt – um diese Ahnung eines „göttlichen Geheimnisses“ zu spüren.