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4’33: Meditation über die Stille
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4’33: Meditation über die Stille

Alexander Matschak
Ein Beitrag von Alexander Matschak, Medienkoordinator des Bistums Mainz
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(Autor: Alexander Matschak / Sprecherin: Beate Hirt)

In meinem Musikstudium in Köln hatte ich mich für die Vorlesung „Musik des 20. Jahrhunderts“ eingeschrieben. Und an einem Vorlesungstag stand der amerikanische Komponist John Cage auf dem Plan. Unser Professor kam herein, begrüßte uns kurz und legte eine CD in den CD-Player. Ich stellte mich auf experimentelle Klänge ein. Aber: Es kam keine Musik aus den Lautsprechern. Die Lautsprecher blieben stumm. Stille im Vorlesungssaal. Nur die Bänke quietschten etwas, eine Lüftung summte und ein Kugelschreiber fiel auf den Boden. Meine Kommilitonen waren irritiert, ich konnte es an ihren Gesichtern sehen. Mir ging es nicht anders. Aber unser Professor blieb seelenruhig sitzen und holte nach rund vier Minuten die CD wieder aus dem CD-Player. 

Die Musik....das sind Umgebungsgeräusche

Was ich damals als junger Student zum ersten Mal gehört habe, ist eines der bekanntesten Stücke von John Cage, der heute seinen 110. Geburtstag gefeiert hätte. Es heißt „4‘33“ Es ist für ein nicht näher definiertes Instrument oder eine Instrumentengruppe geschrieben und besteht aus drei Sätzen. Über dem Satzbeginn steht jeweils „tacet“ – „schweigen“. Und es dauert 4 Minuten und 33 Sekunden. Daher der Titel – „4‘33“. Die Musik kommt nicht von Instrumenten. Nein, die Musik, das sind die Umgebungsgeräusche – in meinem Vorlesungssaal eben das Quietschen der alten Holzbänke, die summende Lüftung und der fallende Kugelschreiber. 

Eine ziemlich verrückte Idee

Man kann dieses Stück für eine ziemlich verrückte Idee halten. Vielleicht sogar für völligen Quatsch. Was soll schließlich ein Musikstück ohne jede Musik? Für mich ist „4’33“ eine Meditation über die Stille. Darüber, dass es ab und zu einfach notwendig ist, einmal still zu sein. Stille zuzulassen. Denn: So wirklich still ist es ja eigentlich nie, immer umgeben mich Geräusche: die Kaffeemaschine am Morgen, die Autobahn, deren Lärm ich in unserem Garten höre, oder mein Handy, das bei jeder neuen Nachricht einen Signalton von sich gibt. 

Das ist Balsam für meine Seele

Wenn ich Stille suche, dann geh ich gerne in eine leere Kirche, setze mich in eine Bank, schließe die Augen und werde still. Das ist Balsam für meine Seele – ganz besonders dann, wenn es um mich herum besonders hektisch zugeht. Die Stille hilft mir dann, ruhig zu werden, abzuschalten und Kraft zu sammeln. „Still und ruhig ist mein Herz, so wie ein sattes Kind im Arm der Mutter“ steht in Psalm 131. In der Stille kann ich gut beten und mich Gott öffnen. Manchmal sind 4 Minuten 33 dafür schon genug.

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