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Hilfe für die Unsichtbaren
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Hilfe für die Unsichtbaren

Rüdiger Kohl
Ein Beitrag von Rüdiger Kohl, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt-Bockenheim
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„Hilfe für die Unsichtbaren“ ist das Motto eines Vereins in Frankfurt. Er heißt FATRA, das heißt Frankfurter Arbeitskreis Trauma und Exil. Er unterhält eine Beratungsstelle. Sie bietet Geflüchteten therapeutische Hilfe an. Und hilft ihnen, ihr Leben nach Krieg und Verfolgung wieder in die eigenen Hände zu nehmen. Denn viele können nur schwer über das sprechen, was sie erlebt haben. Viele ziehen sich zurück. Und sind so für die Gesellschaft unsichtbar. Deshalb ist ein Motto des Vereins: „Hilfe für die Unsichtbaren“.

Geflüchtete helfen, aus ihrer Depression herauszukommen

Barbara Wolff ist Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie. Sie ist im Vorstand des Vereins und erzählt mir von einer älteren Frau aus der Ukraine. Ihr Mann und ihre Tochter wurden im Krieg getötet. Sie flieht nach Deutschland. Über Berlin und Gießen kommt sie nach Frankfurt in eine große Unterkunft. Dort begegnet ihr eine Mitarbeiterin des Verein FATRA. Diese bemerkt, wie sehr sich die ältere Frau zurückgezogen hat. Mit Hilfe einer Dolmetscherin gewinnt sie ihr Vertrauen. Als sie woanders hinziehen muss, hält die Mitarbeiterin weiter Kontakt zu ihr und vermittelt ihr einen Arzt, der ihre Depression weiter behandeln kann.

Hilfe für Geflüchtete aus allen Regionen

Die Ärztin Barbara Wolff gründete den Verein vor rund zwanzig Jahren mit. Damals halfen sie zunächst Geflüchteten aus Bosnien. Seitdem widmet sich FATRA Flüchtlingen aus anderen Regionen. Darunter sind unbegleitete Minderjährige genauso wie Familien. Und Erwachsene, die alleine reisen. Was sie damals motiviert hat, den Verein zu gründen? Barbara Wolff erzählt: „Schon als Jugendliche habe ich mich mit dem Nationalsozialismus beschäftigt. Bis heute schockiert mich, was Menschen anderen Menschen antun können. Das kann heilen, wenn wir zuhören.“

Zuhören heißt, Menschen helfen

Zuhören. Dieses Wort gebraucht Barbara Wolff öfter in unserem Gespräch. Sie sagt: „Zuhören heißt, Menschen in der Gesellschaft ankommen lassen. Zuhören hat etwas mit Nächstenliebe zu tun. So wird ein Satz in die heutige Zeit übersetzt, der so ähnlich in der Bibel steht und für alle Religionen gilt: „Liebe deinen Nächsten, denn er ist ein Mensch wie du (3. Mose 19,18).“

Hoffen darauf, dass Menschen ein neues Leben beginnen können

Was ihr Hoffnung macht? Sie sagt: „Hoffnung macht mir, was ich vor kurzem bei einem Besuch in Bosnien erlebt habe. Die Jüngeren übernehmen nicht die Feindschaft, die die Eltern gelebt haben. Und ich freue mich immer, wenn ich sehe, wie es einem geflüchteten Menschen hier in Deutschland gelingt, ein neues Leben zu beginnen.“

Ein weiterer Punkt stimmt sie zuversichtlich: „Ich erlebe große Solidarität mit Geflüchteten in der Bevölkerung“, sagt sie. „Dank öffentlicher Fördergelder und Spenden können wir weiter für Menschen da sein, die für andere unsichtbar sind.“

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