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Selbstliebe und der Engel des Verzichts
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Selbstliebe und der Engel des Verzichts

Michael Friedrich
Ein Beitrag von Michael Friedrich, Katholischer Diakon in der Pfarrei St. Peter und Paul, Hosenfeld
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Ein gutes Essen, begleitet von einem guten und dazu passenden Wein, das mag ich und das genieße ich mit Freude von Zeit zu Zeit. Mein Hobby passt dazu, denn ich koche gerne. Darin habe ich eine gewisse Professionalität erreicht, denn ich bin Mitglied in einem Kochclub für Männer. Einmal im Monat eine gemeinsame Genusszeit: fachsimpeln, gemeinsam kochen, Gemeinschaft erleben und interessante Gespräche führen. Alles gut!

Der Engel des Verzichts – eine Spaßbremse?

Bis mir bei einem Kochabend die Seite eines christlichen Kalenders ins Auge fällt. Dort wird der Benediktinermönch Anselm Grün zitiert, mit einer Sequenz aus seinem Buch "50 Engel für das Jahr". Die Überschrift: "Der Engel des Verzichts." Ich fühle leichtes Unbehagen. Will mir da jemand meine kleinen Freuden mies machen? Also lese ich: "Ich wünsche Dir, dass Dich der Engel des Verzichtes in die innere Freiheit führt, dass er Dich dazu befähigt, das, was Du erlebst, wirklich zu genießen, Dich ganz auf das einzulassen, was Du gerade tust, mit allen Sinnen zu fühlen, was Du gerade isst, was du gerade trinkst.“ Entwarnung! Das ist doch etwas anderes, als ich befürchtet hatte. Und Anselm Grün hat recht! Den Augenblick voll auszukosten, das was ich gerade tue mit voller Inbrunst, mit Herzblut erledigen, das ist ein guter Weg zu mehr Zufriedenheit. Im Verweilen, im Langsamen erst kann sich vieles im Leben entfalten: das bewusste Wahrnehmen, die Details in den Dingen zu sehen und darin vielleicht auch Gott zu entdecken. In Eile von einem Termin zum nächsten zu hetzen, kenne ich auch persönlich. Das tut mir nicht wirklich gut. Und in der Bibel kann ich im Markusevangelium lesen, dass auch Jesus eines nach dem anderen gemacht hat. Dort (Mk 1, 21-39) steht, dass Jesus zuerst in der Synagoge weilte, dann zur Schwiegermutter des Petrus ging. Anschließend war er für viele Kranke da. Am nächsten Morgen nahm er sich Zeit für sich selbst und erst danach ging es wieder weiter.

Die Vorteile der Langsamkeit

Ich denke es stimmt, die Langsamkeit ist eine stille Pracht, die sich nicht aufdrängt, die wir aber bewusst wählen können. Das schließt auch Zeiten für uns selbst ein. In der Folge können wir Ruhe, Entspannung und vielleicht sogar Erholung erfahren. Ein Grund zur Freude.

Das denkt auch Pater Anselm Grün. Denn in seinem Text über den Engel des Verzichts geht es so weiter: "Du wirst spüren, dass der Engel des Verzichts zugleich ein Engel der Freude und des Genusses ist, der Dir guttun wird. Wenn du im Verzicht einen Anspruch auf die Dir zustehenden Dinge wie Essen, Trinken, Fernsehen usw. aufgibst, gewinnst Du Dich selbst. Du nimmst Dein Leben selbst in die Hand. Der Engel des Verzichts möchte Dich in die Kunst einführen, Dein Leben selbst zu leben, frei über Dich zu verfügen und so Lust an Deinem Leben zu haben." Und das schließt durchaus auch genussvolle Augenblicke mit ein. Und Jesus selbst hat es ja in einem der bekanntesten Zitate aus der Bibel gesagt und ich kann es im Markusevangelium nachlesen (Mk 12,31): "Du sollst Deinen nächsten lieben, wie dich selbst."

 

 

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