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Vom Werden
Bild: Jäger

Vom Werden

Carmen Jelinek
Ein Beitrag von Carmen Jelinek, Evangelische Dekanin, Kirchenkreis Kaufungen
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"Junge, aus dir ist ja was geworden!", sagt eine Nachbarin zu einem jungen Mann, den sie lange nicht gesehen hat. 

Ich schaue ihn mir an. Ja, er sieht gut aus. Groß, schlank, blonde Haare, blaue Augen und gut gekleidet. 
Offensichtlich hat er im Leben etwas erreicht und war erfolgreich.
 
Ich stutze einen Moment. Was ist denn aus ihm geworden? Zu was hat er es gebracht? In dem "aus dir ist ja was geworden", steckt die Vorstellung, dass da etwas abgeschlossen ist.

Es gibt äußere Merkmale dafür. Neben seinem Aussehen sind es vielleicht sein Fahrzeug, das Haus, der Swimmingpool und die Reisen, die er macht. 

"Werden" meint einen Prozess

Im christlichen Glauben meint Werden etwas anderes: ein Werden, das unabhängig von dem ist, was ich leiste. Werden als ein Prozess, der offen ist für Veränderung. 

Für alle Veränderungen ist der Segen ein wichtiges Zeichen. Segen spricht mir Gottes Begleitung und Mut zu. Kürzlich hat mir ein Vater erzählt: Meiner Frau und mir war es wichtig, dass eine Pfarrerin uns als werdende Eltern während der Schwangerschaft gesegnet hat. 

Segen fördert den Prozess des Werdens

Segen fördert den Prozess des Werdens. Er macht zuversichtlich. Er feiert auch das Wachsen und Werden. 

Wo ich gesegnet werde, werde ich nicht bewertet. Da wird auch nicht nach Sinn, Nutzen oder Verwertungszusammenhängen gefragt. 

Segen öffnet hin zu dem, was möglich ist in der Liebe, im Leben und darüber hinaus.
 
Es sind die kleinen Dinge. Früher wurde ein Kreuzzeichen beim Kind auf der Stirn symbolisch gezeichnet, als es zur Schule ging.

Das Kreuzzeichen wurde über dem Brot gezeichnet, bevor es angeschnitten wurde. Die kleinen Dinge zählen. Auch kurze Begegnungen, kleine Gesten, wohlmeinende Berührungen, ein paar Worte. Jesus hat das vorgelebt.

Vielerlei Angebote der Kirche für Segnungen

Die Kirche bietet für die, die das wissen und wollen, den Segen in Gottesdiensten an. Auch zum Jahresbeginn, bei Taufen, zum Schulanfang, bei Konfirmationen, Trauungen, bei Krankheit, am Lebensende. 

Und es geht auch außerhalb von Gottesdiensten. In Berlin gibt es ein kleines Segensbüro. 

Ein Segensbüro in Berlin

Auf einem belebten Platz in Neukölln, an der Genezarethkirche angebaut, gibt es einen Glaskasten. Vorne an der Tür steht groß "Segensbüro" dran. Zu den Segensfreund*innen gehören die dortige Pfarrerin, eine Künstlerin und die Küsterin.

Den ganzen Tag kommen Menschen mit ihren großen und kleinen Wünschen, Nöten und Ideen. In der Begegnung, im Austausch, in der Interaktion geht es um das, was Menschen brauchen oder werden wollen.

Hier nimmt manche kleine Veränderung ihren Anfang. Niemand ist fertig. Vieles ist am Werden und verändert sich. Damit was draus wird, dabei hilft der Segen.
 

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