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Anna und Joachim – Patrone der Familienarbeit

Anna und Joachim – Patrone der Familienarbeit

Dr. Annette Wiesheu
Ein Beitrag von Dr. Annette Wiesheu, Theologische Referentin des Bischofs von Mainz
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Auch Jesus hatte Großeltern. In der Bibel ist zwar nichts von ihnen zu lesen, aber Geschichten über sie gibt es trotzdem. Ihre Namen sind: Anna und Joachim. Heute, am 26. Juli, gedenkt die katholische Kirche dieses Ehepaars. Anna und Joachim sind die Eltern der heiligen Maria, der Muttergottes, und mit der Verehrung der Muttergottes hat auch die Verehrung ihrer Eltern im Laufe der Jahrhunderte zugenommen. Legenden über sie und ihr Leben sind entstanden: Anna und Joachim – die menschlichen Großeltern Jesu sollen zeigen: Jesus ist wirklich Mensch gewesen, er ist in eine ganz normale Familie hineingeboren worden.

Jesu Großeltern: Anna und Joachim

Die Geschichte von Anna und Joachim lebt von Motiven, die auch in anderen biblischen Erzählungen oder Heiligenlegenden vorkommen. Anna und Joachim waren lange verheiratet und konnten zu ihrem Kummer keine Kinder bekommen. Erst in hohem Alter wurde ihnen ein Kind geschenkt: Anna brachte ihre Tochter Maria zur Welt, die dann die Mutter Jesu wird.

Schwieriges Frauenbild

Ich höre diese Erzählung mit gemischten Gefühlen. Sicher: Es ist eine schöne Geschichte. Gott erfüllt wider Erwarten die Sehnsucht des Ehepaars nach einem Kind. Und es geht dabei vor allem darum zu zeigen: Maria ist etwas Besonderes, schon ihre Geburt ist ein Wunder: Gott schaut auf sie und hat Großes mit ihr vor. Aber zugleich spiegelt sich in der Geschichte ein Frauenbild wider, das mir nicht so ganz behagt: Zum einen bekommt die heilige Anna, wie so manche andere Frau, Aufmerksamkeit nicht um ihrer selbst willen, sondern vor allem wegen ihrer Beziehung zu jemand anderem – zu Ehemann, zu Sohn, Tochter, Enkel. In der Kunst wird die heilige Anna selten allein dargestellt: In den bekannten Annaselbdritt-Darstellungen sind immer ihre berühmte Tochter und ihr noch berühmterer Enkel mit dabei.

"Makel Kinderlosigkeit"

Und ebenfalls mit gemischten Gefühlen nehme ich die Geschichte der späten Mutterschaft auf: Gottes Wirken an einer Frau zeigt sich darin, dass er den vermeintlichen Makel der Kinderlosigkeit von ihr nimmt. Die Geschichte suggeriert auch: Einer Frau ohne Kinder fehlt etwas. Anders kann sich die Gnade Gottes an einer Frau gar nicht zeigen, als sie zur Mutter zu machen.

Anerkennung von Müttern und Großmüttern

Trotzdem: Ich möchte die heilige Anna und ihren Ehemann, den heiligen Joachim, nicht aus dem Heiligenkalender streichen. Sie werden in ihrer Rolle als Mutter und Vater, als Großmutter und Großvater angesprochen und verehrt. Aber ich möchte diese Verehrung auch verstanden wissen als eine Anerkennung für das, was Mütter und Großmütter, Väter und Großväter leisten; als Anerkennung für die Arbeit, die in Familien vor allem in der Kindererziehung und in der Pflege von alten Menschen erbracht wird – eine oft anstrengende Arbeit.

Verborgene Care-Arbeit

Meist geschieht sie im Verborgenen und wird auch heute noch vor allem von Frauen geleistet. Was im Übrigen auch für viele soziale Berufe und im Care-Bereich gilt – auch sie bringen wenig Prestige und sind meist Frauensache. Familienarbeit ist Arbeit. Und ich wünsche mir, dass das auch so in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird – und nicht, wie seit Jahrhunderten, als eine Selbstverständlichkeit gesehen wird, die sich aus dem Muttersein, dem Vatersein, dem Großmuttersein, dem Großvatersein ergibt. 

Die heiligen Anna und Joachim – sie könnte auch als Patrone der generationenübergreifenden Familienarbeit verehrt werden. 

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