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Testament des Herzens
Bild: Pixabay/Karolina Grabowska

Testament des Herzens

Dr. Matthias Viertel
Ein Beitrag von Dr. Matthias Viertel, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Heute vor 155 Jahren, am 8. Juli 1867, wurde sie in Königsberg geboren. Damals heiß sie noch Käthe Schmidt, wir kennen sie aber unter dem Namen Käthe Kollwitz. Sie war Malerin, Graphikerin und Bildhauerin, wohl eine der wichtigsten Künstlerinnen des Jahrhunderts. Deshalb wurde sie auch als erste Frau Mitglied der Preußischen Akademie der Künste. Diesen Ruf hatte sie erhalten, weil ihr Zyklus von Radierungen zum Weberaufstand überall auf Beachtung stieß.

Die Bilder von Käthe Kollwitz wühlen auf

Ihr sollte sogar eine Medaille verleihen werden, aber das lehnte Kaiser Wilhelm höchst empört ab. Schon weil sie eine Frau war, aber vor allem, weil sie mit ihren Kunstwerken auf das Leiden des Kriegs aufmerksam machte und gegen Elend und Armut anging. Und das passte dem Kaiser ganz und gar nicht.
Die Bilder von Käthe Kollwitz sind aufwühlend. Sie hat das festgehalten, was sie in ihrem Herzen bewegte, was sie nicht loswerden konnte. Bilder von Menschen, die im Krieg getötet worden waren, eine vergewaltigte Frau, und schließlich die Skulptur eines Elternpaares, das um den Sohn trauert. Und bei dieser Skulptur ging es um den eigenen Sohn, der im 1. Weltkrieg gefallen war. Sie steht heute auf dem Soldatenfriedhof in Vladslo.

Eine Pietá ragt unter ihren Werken raus

Und noch eine Skulptur ragt hervor. Es ist das Bildnis einer Frau mit ihrem toten Kind. In ihrem Tagebuch hat sie im Oktober 1937 darüber geschrieben und der Plastik den Titel Pietá gegeben. Als Pietá wird in der Kunst die Darstellung Marias genannt, wie sie den vom Kreuz abgenommenen Jesus in ihrem Schoß hält. Der tiefe Schmerz der mitleidenden Mutter wird in der Pietá dargestellt. Aber darüber hinaus geht es auch darum, der Trauer eine bleibende Erinnerung zu verschaffen. Dieser Tradition folgt Käthe Kollwitz mit ihrer Skulptur, in der sie dem Schmerz ein Gedächtnis gibt.

Käthe Kollwitz greift christliche Symbole auf

Dass sie auch in anderen Werken christliche Symbole aufgreift, hat Gründe. Sie war in einem frommen Elternhaus aufgewachsen. Der Großvater hatte sogar eine freie evangelische Gemeinde gegründet, zu der auch Karl Kollwitz gehörte, ihr späterer Mann. Das alles hat in ihren Werken Spuren hinterlassen: Abbildungen von Menschen, die unter den Schrecken leiden, die ein Krieg hervorbringt. In den Berliner Salons war Käthe Kollwitz nicht beliebt, dieses ganze Elend wollte man am liebsten gar nicht sehen.

Ihre Werke sind heute hochaktuell

Heute ist ihr Geburtstag, und ihre Werke sind wieder hoch aktuell. Am liebsten würde auch heute mancher diese Bilder nicht sehen wollen - Abbildungen des Elends, die jeder Krieg hervorbringt. Aber das geht nicht. Ihrer Autobiographie hat Käthe Kollwitz deshalb den Untertitel gegeben „Ein Testament des Herzens“. Solche Testamente des Herzens sind wichtig, weil sie unseren Blick auf Leid und Elend lenken und dadurch den Schmerzen ein Gedächtnis geben.

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