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Einfühlungsvermögen
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Einfühlungsvermögen

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Seit ein paar Tagen hat Peter ein neues Lieblingswort. Es heißt „Einfühlungsvermögen“. Eigentlich ein Ungetüm von Wort, aber Peter mag es. Er hat es bei einem Spaziergang von einem Freund gehört. Der sagte es, als er von seinem Chef sprach. Der habe es nämlich nicht, das Einfühlungsvermögen, sagte der Freund. Dem Chef gehe es nur um Arbeit und Profit. Wie es den Mitarbeitenden gehe, interessiere ihn nicht.

Ein Chef mit Einfühlungsvermögen

Da wurde Peter hellhörig. Bei ihm ist das anders, merkte er. Sein Chef ist ein kleines Wunder. Er grüßt freundlich, erkundigt sich. Und sieht, wenn es jemandem nicht gut geht. Dann fragt er nach, sagt Peter. Er schickt auch mal jemanden nach Hause, wenn der oder die krank aussieht. Das bewundert Peter. Und jetzt, sagt er sich, habe ich auch ein Wort dafür: Einfühlungsvermögen.

Ein Vermögen an Gefühl und Geduld

Ein schönes Vermögen, denkt Peter. Ein Vermögen an Gefühl und Geduld. Es macht nicht den Geldbeutel voll, aber das Herz reich. Peter mag nicht, wenn gestritten wird. Es wird heute oft laut und unsachlich. Viele hören nicht mehr zu, wollen nur selber gehört werden. Und zu viele denken, dass sie Recht haben. Peter ist eher der Typ, der zweifelt, sich seiner Sache nicht so sicher ist. Er überlegt länger, wie er sich entscheiden soll. Er fühlt sich ein in die Dinge, könnte man sagen. So sagt Peter das nicht. Aber jetzt, mit seinem neuen Lieblingswort, könnte er das so nennen.

Frieden geht nur mit Einfühlen

Es gibt da nämlich etwas, was ihn bedrückt. Die Sache mit der neuen Nachbarin. Es geht um ihre Musik. Die ist laut und nervt Peter. Allerdings hat er das Gefühl, dass die Nachbarin das braucht. Er weiß nicht genau, warum er das denkt. Er findet aber, dass sie oft traurig aussieht. Ich müsste mal fragen, denkt er. Aber alles soll friedlich bleiben. Frieden geht nur mit Einfühlen. Ich möchte gerne wissen, denkt Peter, was die Nachbarin beschäftigt, was sie traurig macht. Vielleicht fällt es mir dann leichter, sie zu verstehen. Und das mit der Musik kriegen wir dann ja vielleicht auch noch hin.

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