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Ein Moment des Glücks
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Ein Moment des Glücks

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Wütend kommt sie aus dem Café mit Bäckerei. Und ruft laut zu Freunden, die etwas abseits stehen: „Die da drin geben mir keine Scheibe trockenes Brot!“ So stapft sie durch die Reihen des Cafés, draußen, bei strahlender Sonne. Dann kommt sie am Tisch eines jungen Mannes vorbei. „Moment“, sagt der. Er greift in seine Tasche und drückt ihr etwas in die Hand. Von Ferne sehe ich: Es ist ein Geldschein. Die Frau steht wie angewurzelt, schaut in ihre Hand und sagt: „Wow, jetzt bin ich aber reich. Danke!“ Sie geht zu ihren Freunden und leuchtet vor Freude.

Manche sind ja glücklich, wenn sie geben können

Ein Moment des Glücks. Vielleicht hatte sie Hunger. Und kann sich jetzt Brot oder Brötchen kaufen. Ihre Freunde schauen auch erstaunt. Sowas gibt es also, denken sie vielleicht. Ich denke das auch, als ich Zeuge werde. Der Mann mit dem Geld hat nur ein Wort gesagt. Moment, hat er gesagt. Dann war das Glück da - für die Frau. Vielleicht auch für den Mann. Manche sind ja glücklich, wenn sie geben können. Der Mann sitzt weiter da und trinkt seinen Tee. Die Frau ist bei ihren Freunden. Sie sind munter im Gespräch. Eine weniger, die heute Hunger hat.

Eine ist heute glücklich

Nur eine, mehr nicht. Aber die freut sich. Es ist ja immer nur einer oder eine, die man glücklich machen kann. Höchstens mal ein paar. Dann hat einer mal keinen Hunger; oder eine keinen Durst. Dann sind da welche, denen man mit Kleidern helfen kann; oder mit einem Geschenk von Tür zu Tür. Das alles ist nichts Riesiges. Und doch ist einer glücklich, oder eine. Ein paar Menschen haben weniger Sorgen, wenn ich etwas spende - was auch immer. Das alles fällt kaum ins Gewicht. Bringt aber Momente des Glücks. Mehr schaffen wir nicht mit unseren kleinen Kräften. Wir können nicht so viele retten in der Welt. Aber Glück bringen können wir. Das ist herrlich. Und macht Freude. Mir jedenfalls. Ich bringe gerne Glück, wenn möglich. Ich erlebe es auch gerne. Es zeigt, dass niemand drauflos leben muss, sondern sich umdrehen kann - hin zu anderen. Und ihnen Glück sein kann. Für einen Tag, vielleicht nur für einen Moment den Nächsten lieben wie mich selbst – das ist Glück. Für beide.    

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