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Ostern zwischen Quarantäne und Isolation
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Ostern zwischen Quarantäne und Isolation

Dr. Marco Bonacker
Ein Beitrag von Dr. Marco Bonacker, Katholischer Leiter der Abteilung Bildung und Kultur im Bischöflichen Generalvikariat Fulda
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Die Fastenzeit ist in diesen Tagen bereits in der zweiten Halbzeit. Mit Vorfreude schaue ich auf das Osterfest, das für mich immer Aufbruch, Hoffnung und Freude am Leben bedeutet – klar, denn wir feiern die Auferstehung Jesu, unsere Rettung und das ewige Leben. Doch in den beiden letzten Jahren war Ostern geprägt von der Pandemie. Im Schatten der Corona-Krise, so hieß es vielfach, fällt Ostern praktisch aus. Keine Familienfeste, kein Zusammensein, keine Gemeinschaft. Viele oder zumindest die meisten Pläne wurden durchkreuzt. Die Welt war stattdessen geprägt von Quarantäne und sozialer Isolation. Es lohnt sich, so durfte ich in den letzten beiden Jahren lernen, sich diese Begriffe, die uns so häufig begegnet sind, gerade vor dem Hintergrund der Fastenzeit einmal genauer anzusehen.

Denn tatsächlich ist besonders die Quarantäne eine zutiefst biblische Idee. Unser Begriff ist abgeleitet vom italienischen "quaranta giorni" – vierzig Tage. Zur Zeit der grassierenden Pest im Mittelmeerraum entschied man sich im Venedig des 14. Jahrhunderts dazu, Schiffe erst nach einer Wartezeit von vierzig Tagen in den Hafen einfahren zu lassen. So sollten mögliche Krankheiten rechtzeitig entdeckt werden, um Ansteckungen zu vermeiden. Die Zahl 40 ist dabei natürlich nicht einfach zufällig gewählt oder eine medizinische Größe. Sie ist der Bibel entlehnt und ein Symbol für Zeiten der Prüfung, Zeiten der Bewährung und des Verzichts: 40 Jahre war das Volk Israel in der Wüste unterwegs, 40 Tage fastete Jesus in der Wüste, 40 Tage dauert auch heute noch die Fastenzeit. Vor dem Hintergrund der Corona-Krise konnte gerade die jüngere Generation vielleicht wie selten zuvor kollektiv eine Ahnung davon entwickeln, was Verzicht und Prüfung wirklich heißen kann.

Auch der Begriff Isolation stammt aus dem eben genannten historischen Kontext: War jemand erkrankt, wurde er isoliert, konkret: Auf eine Insel (ital. isola) verfrachtet. Isolation oder social distancing waren auch in den letzten zwei Jahren das Mittel der Wahl, um Ansteckungen zu vermeiden.

Solidarität bedeutete widersprüchlicherweise, dass wir uns aus dem Weg gehen, uns voneinander fernhalten mussten – zumindest physisch. Die erzwungene räumliche Isolation der letzten beiden Jahre, unter der nicht wenige Menschen noch heute leiden, verweist uns noch einmal stärker darauf, dass wir als Menschen soziale Wesen sind. Der Wert der Gemeinschaft und die Notwendigkeit sozialer Kontakte wurden uns in dieser Zeit noch einmal ganz neu bewusst. Darauf dürfen wir uns während der kommenden Ostertage besonders freuen.

Aber fiel Ostern wegen Quarantäne oder Isolation nun tatsächlich aus? Natürlich nicht. Zwar ist es richtig, dass bestimmte und entscheidende Formen des gemeinsamen Feierns, ja, sogar der liturgischen Praxis nicht möglich waren und auch nicht ersetzt werden konnten durch z. B. digitale Angebote. In diesem Sinne war die gesellschaftliche Quarantäne, der Lockdown oder unsere persönliche Isolation auch in geistlicher Hinsicht ein wirklicher Verzicht! Doch die Auferstehung Jesu Christi ist bereits Wirklichkeit. Als Christ bin ich immer dazu berufen, ein österlicher Mensch zu sein und befreit und erlöst, hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken. Gerade als Christ darf ich angesichts einer Krise nicht den Blick für die immer schon vollzogene Erlösung Jesu verlieren. Das eigentliche Osterfest kann uns deswegen auch nichts und niemand durchkreuzen!

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