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Gottes Wort in der Wüste
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Gottes Wort in der Wüste

Dr. Marco Bonacker
Ein Beitrag von Dr. Marco Bonacker, Katholischer Leiter der Abteilung Bildung und Kultur im Bischöflichen Generalvikariat Fulda
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Wie können wir eigentlich von Gott sprechen? Er, der doch der ganz andere ist. Diese Frage verbindet uns mit allen Religionen, die darauf ihre je eigene Antwort gefunden haben. Im Christentum ist diese Antwort aber über alle Maßen konkret: Wir können deswegen von Gott sprechen, weil er Mensch geworden ist. Er hat sich in Jesus Christus uns gleich gemacht. Als Mensch ist er uns nah und bleibt doch in seiner Fülle unbegreiflich. Die Bibel beantwortet die Frage wie wir von Gott sprechen können unablässig. In Bildern, Geschichten, historischen Bezügen erscheint er uns dort und es wird von ihm gesprochen. Und nicht zuletzt spricht er durch die Bibel auch selbst zu uns.  

Ganz am Anfang der Fastenzeit bin ich über einen Text des Alten Testamentes gestolpert, in dem Gott selbst zu Wort kommt. In dem er selbst über sich und sein Wort spricht. Dieser Text beschäftigt mich bis heute. In seiner starken Bildsprache, in seiner kraftvollen Poesie, lässt er sogleich Bilder im Kopf entstehen, denen man sich kaum entziehen kann. So spricht der Herr, beginnt der Text aus Jesaja: 10"Wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt, wie er dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen,11so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe."

Dieser kurze Text löst viele unterschiedliche Assoziationen aus: Wir können uns den Regen und den Schnee bildlich vorstellen, die trockene Erde, die getränkt wird und die Pflanzen, die wachsen. Das Wort Gottes ist Schnee und Regen, es verwandelt das Angesicht der Erde, macht es fruchtbar und schön. Wie vielmehr wirken diese Worte in Regionen, die selbst von Trockenheit und Wüsten geprägt sind. Dort wo Wasser Mangelware ist und fehlt, ist mit ihm besonders die Hoffnung auf Leben und Überleben verbunden. Das Bild vom Wort Gottes als rettendes Wasser muss gerade für die Zeitgenossen des Deuterojesaja eindrücklich gewesen sein, der uns diesen Text überliefert hat. Die Wüste des Exils geht für das Volk Israel zu Ende und es keimt neue Hoffnung auf.  

Das Bild von Gottes Wort als Regen und der Wüste wird für mich heute besonders treffend, wenn wir an unsere ganz persönlichen, inneren Wüsten denken. Die eigentlichen Wüsten sind nicht die äußeren, sondern die inneren Wüsten, die inneren Durststrecken, in denen wir dringend den fruchtbringenden Regen brauchen. Den können wir selbst nicht machen, er ist unverfügbar und nur zu erhoffen. Was also bringt unsere innere Wüste zum Blühen? Auch hier sind wir auf Gottes Wort verwiesen, das uns Hoffnung und Orientierung, Trost und Freude gibt. Mit Blick auf den Beginn des Johannesevangeliums – Am Anfang war das Wort – wird deutlich: Das Wort wird nicht nur zu uns gesprochen, sondern das eigentliche Wort - griechisch logos - ist Fleisch geworden. Gott wird in Jesus Christus Mensch und damit sendet Gott sein Wort in unüberbietbarer Weise zu uns Menschen. Er sendet es uns, damit unsere inneren Wüsten aufblühen und uns eine Hoffnung geschenkt wird, die nicht mehr vertrocknen kann. Die Hoffnung, von der wir uns seit 2000 Jahren erzählen dürfen. Die Frage vom Anfang, wie wir von Gott sprechen können, kehrt sich damit eigentlich um: Gott spricht zuerst, er spricht uns an, damit wir von ihm sprechen können. 

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