Ihr Suchbegriff
Beitrag anhören:
Wenn schon stur, dann hoffnungsstur
GettyImages/ipopba

Wenn schon stur, dann hoffnungsstur

Ein Beitrag von Dr. Christine Lungershausen, Evangelische Pfarrerin, Eschborn
Beitrag anhören:

Sich nicht verbiegen zu lassen, bei dem zu bleiben, was einem wichtig ist – das ist eine Tugend. Sogar Pflanzen und Tiere scheinen sie zu haben. Esel zum Beispiel. Sie bleiben stehen, senken den Kopf. Und kein Blick, kein Zureden bringt sie dazu, weiterzugehen. Sie sind sprichwörtlich stur und störrisch.

Haltungssture Heckenpflanze

Auch die Heckenpflanzen bei mir gegenüber sind stur. Besucher der benachbarten Fahrschule biegen sie immer wieder zur Seite, um zu sehen, was dahinter ist. Die Heckenpflanzen aber wachsen weiter, werfen kein Laub ab, springen nach dem Gebogenwerden wieder an ihren Ort und verhindern den Durchblick. Gut so. Haltungsstur.

Hoffnungssturheit gehört zum Christsein

Eine Sturheit wünsche ich mir besonders: Hoffnungssturheit. Stur an Hoffnungen festzuhalten. Darauf zu vertrauen, dass Gott sich einmischt in mein Leben und es zum Guten wendet, auch wenn ich gerade nur Krisen sehe und was alles schlimmer wird. Hoffnungsstur will ich daraufsetzen, dass Vertrauen und Freundlichkeit weiter wirken als Beschimpfungen und Beschwerden und gegenseitiges Anklagen. Hoffnungsstur sein, das macht für mich derzeit aus, Christin zu sein.

Man soll die Hoffnung nicht aufgeben

Hoffnungssturheit wünsche ich mir auch für die Tochter von Freunden. Sie wird bald flügge und will ausziehen. Sie lebt zwischen den beiden Haushalten der geschiedenen Eltern. Sehnlich wartet sie auf den Platz in einer Wohngruppe. Ihre Einschränkungen machen die Auswahl dabei schwer und die Anforderungen hoch.

Im November letzten Jahres hatte sie einen Platz gekriegt in einer Wohngemeinschaft. Sie zog dort hin und in den ersten Wochen stellte sich heraus, wie wenig passend der Ort für sie war: keine sicheren Gehwege für jemanden, die kaum sieht; niemand, der sich vor Ort kümmert ums Haarewaschen, Salat und nicht nur Eisessen, ums Warmanziehen im Winter und ums rechtzeitige Schlafengehen. Nachdem alle eingesehen hatten, dass dort leben mehr Gefahr als Hilfe ist, zog sie zurück zu einem Elternteil. Unmut und Frust sind groß.

Hoffnungsstur in die Zukunft blicken

Und trotzdem hält die Familie stur daran fest, dass sich etwas anderes, Besseres finden wird. Hoffnungsstur erwarten sie etwas, wo die junge Frau mit ihren besonderen Bedürfnissen wie mit ihren Begabungen gesehen wird und am richtigen Ort ist. Derzeit ist nichts in Aussicht und der Andrang auf solche Plätze groß.

Daran festhalten, dass Gott sich einmischt und das Leben zum Guten wendet

Hoffen bedeutet gerade in solchen Fällen: Auch wenn ich das Ersehnte noch nicht sehe, erwarte ich das Gute. Das verstehe ich unter „hoffnungsstur“: Daran festhalten, dass Gott sich einmischt und das Leben zum Guten wendet. Von dieser Hoffnungssturheit wünsche ich mir noch viel mehr.

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren