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Fastenzeit: Verzicht tut gut
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Fastenzeit: Verzicht tut gut

Uwe Groß
Ein Beitrag von Uwe Groß, Katholischer Diakon, Pfarrei St. Peter und Paul, Wiesbaden
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Fastenzeit heißt die Zeit jetzt zwischen Aschermittwoch und Ostern. Und ich kann mich noch gut an meine Kindheit erinnern, als bei uns zuhause in der Fastenzeit keine Süßigkeiten auf den Tisch kamen, und ich durfte mir auch nichts Süßes kaufen. Später habe ich dann in meiner Studentenzeit zweimal Heilfasten gemacht. In einer Gruppe haben wir für eine Woche auf feste Nahrung verzichtet und nur warmen Tee oder eine Boullion-Suppe zu uns genommen. Natürlich haben wir viel getrunken. Wasser Wasser Wasser…das war gar nicht so leicht. Ich habe viele Kopfschmerzen gehabt, und mir war auch viel kalt. Aber es war eine wertvolle Erfahrung, auf was ich alles verzichten kann.

Seit über zwanzig Jahren faste ich nicht mehr

Seit über zwanzig Jahren faste ich überhaupt nicht mehr, weder auf Süßigkeiten noch auf Alkohol noch auf meine geliebten Salzstangen, ich habe die Erfahrung gemacht: Ich scheitere schon am zweiten Tag. Also habe ich es ganz sein lassen. Eigentlich schade, denke ich, weil Fasten ja durchaus einen Sinn hat. Auf Dinge verzichten, die ich alltäglich konsumiere, manchmal auch nur in mich reinstopfe. Das können ja nicht nur Süßigkeiten sein, sondern alles, was ich eben konsumiere, oft im Übermaß: Fernsehen, Computerspielen, Dinge, die ich mir „mal gönne“, Dinge, die ich eigentlich gar nicht brauche, aber mir gut tun. Das Glas Wein, die Feierabendzigarette, der neuste Bestseller.

Verzicht zeigt mit, was ich wirklich brauche und was nicht

Fastenzeit heißt verzichten. Und verzichten heißt ja oft auch weniger Lebensqualität, sich einschränken, nicht mehr alles so machen können. Das habe ich ja in den vergangenen zwei Jahren sowieso schon zur Genüge gemacht: Ich habe auf Kontakte zu Freunden, auf schöne Konzerte, auf eine tolle Reise verzichtet – angesichts von Corona. Verzichten kann aber mal ganz gut sein, wenn ich dadurch aufmerksam werde auf das, was ich denn wirklich brauche: Ich stelle zum Beispiel fest: Wenn ich weniger Fernseh schaue, rufe ich schon mal eher jemanden an, pflege eine Beziehung. Wenn ich weniger auf der Couch hänge, gehe ich vielleicht eher mal raus, um einen Spaziergang zu machen, auch wenn’s nur um den eigenen Block ist.

Auf das Negative verzichten, lenkt meinem Blick auf’s Positive

Beim Verzichten kann ich auch was entdecken: Das hat mir im vorletzten Jahr die Aktion der evangelischen Kirche gezeigt: „Sieben Wochen ohne Pessimismus“. Mit einem Kalender konnte man sich jeden Tag Gedanken machen über Situationen in denen der Alltagspessimismus siegt. Sätze wie „alles geht schief bei mir, ich kann dies und jenes viel schlechter als mein Kollege, ich bin so dumm, das wird doch eh nichts, nach Lachen kommt Weinen“. Sätze also mit einer pessimistischen Botschaft: Da verzichte ich einfach mal sieben Wochen drauf. Ich fand das eine geniale Idee. In der Fastenzeit einfach mal auf Pessimismus verzichten und das Gute in den Dingen sehen. Die Chancen sehen. Das sehen, was da ist, und nicht nur das, was fehlt. Diesen Verzicht auf das Negative in meinem Leben finde ich viel besser, und er bringt mehr für meine Mitmenschen und mich, als auf irgendeine Süßigkeit zu verzichten. Ich entscheide mich einfach für sechs Wochen Optimismus.

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