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Pier Paolo Pasolini
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Pier Paolo Pasolini

Dr. Matthias Viertel
Ein Beitrag von Dr. Matthias Viertel, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Heute vor 100 Jahren wurde der Regisseur Pier Paolo Pasolini geboren. Er war nicht gerade ein Mann der Kirche, und doch haben ihn Fragen des Glaubens sein Leben lang nicht losgelassen. Auf jeden Fall lieferten religiöse Themen den Hintergrund für viele seiner Filme. Der Grund für diese Faszination lag wohl in den Erfahrungen seiner Kindheit.

Pasolini in Casasa

Pasolini hatte viel Zeit in dem kleinen Ort Casarsa in Norditalien bei den Großeltern verbracht. Dorthin war er auch, gerade mal 20 Jahre alt, im Zweiten Weltkrieg geflüchtet. In dieser Zeit unterrichtete er die Kinder seines Dorfes im Hause der Großeltern. Außerdem nahm er Kontakt zu einer Widerstandsbewegung gegen den Faschismus auf, die dort von Katholiken gegründet worden war.

Für die Kommunistische Partei zu intellektuell

Auch nach dem Krieg wollte er seine politische Haltung nicht aufgeben und sich für die Armen und Benachteiligten stark machen. Eine kurzfristige Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei fand aber schnell ein Ende. Pasolini wurde ausgeschlossen, seine intellektuelle Haltung und das Interesse für die existenzielle Philosophie erschien der Partei als bürgerlich und dekadent.

Pasolini nutzte die Mittel des Films für seine Sozialkritik

Fortan nutzte er die Mittel des Films für seine Sozialkritik. In der ersten Regiearbeit „Wer nie sein Brot mit Tränen aß“ stellt Pasolini das Elend des armen Volks dar. Von Kritikern wurde der Film als moderne Passionsgeschichte charakterisiert. Der deutsche Titel „Wer nie sein Brot mit Tränen aß“ geht auf einen Vers von Goethe zurück, der mit den Worten endet: „Der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte“.

Die Verfilmung des Matthäus-Evangeliums

Mit der Verfilmung des Matthäus-Evangeliums stellte sich Pasolini 1964 dann ganz unmittelbar einem biblischen Stoff. Er wollte das Leben Jesu so nachzeichnen, wie es ihm persönlich wichtig war. Die Handlung hält sich eng am biblischen Text. In den Bildern erleben wir Jesus als Kämpfer gegen Ungerechtigkeit und Elend. Weil Pasolini das Authentische in Glaubensfragen so wichtig war, besetzte er den Film sogar mit Laien.

Immer ein Zwiespalt: „Hier das eigene Leben, dort die Bibel und die Traditionen der Kirche“

Pasolini machte es sich nicht leicht mit dem Evangelium. Über den Film sagte er: „Einerseits ist die Handlung durch meine eigenen Augen gesehen, andererseits durch die Augen eines Gläubigen.“(1) Es ist ein Zwiespalt, den ich gut verstehen kann. Den Glauben hat man wohl immer in diesem Gegenüber: Hier das eigene Leben mit allem persönlichen Leid, und dort die Worte der Bibel und die Traditionen der Kirche. Erst in der Mischung, ja in dem ständigen Ringen ergibt sich so etwas wie ein persönlicher Glaube.

Die Art, wie Pasolini seine eigene Frömmigkeit beschreibt, ist vielleicht die Erklärung für die große Wirkung seines Films über Jesus. „Ich mag ein Ungläubiger sein“, schreibt Pasolini, „aber ich bin ein Ungläubiger mit Nostalgie bezüglich Glauben“.


(1)  Zitiert nach: Pasolini: Das 1. Evangelium – Matthäus. Arthaus DVD, Kinowelt Home Entertainment 2004.

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