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Von der Freiheit zum Finden
Bild: anatols_gettyimages

Von der Freiheit zum Finden

Andrea Maschke
Ein Beitrag von Andrea Maschke, Katholische Pastoralreferentin in Bad Homburg / Friedrichsdorf
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In der Advents- und Weihnachtszeit war Bad Homburg, wo ich arbeite, voller Sterne. In der ganzen Stadt verteilt schmückten große Sternen-Aufkleber mit besinnlichen, klugen oder auch lustigen Sprüchen die Schaufenster. Viele haben mir gut gefallen, aber mein absoluter Lieblingsspruch stammt von Astrid Lindgren, oder besser, von Pippi Langstrumpf:

„Die ganze Welt ist voller Sachen, und es ist wirklich nötig, dass jemand sie findet.“

Ist das nicht wunderbar?? Ich habe mich da sofort angesprochen gefühlt! Vielleicht weil ich selbst auch gerne Sachen finde: Meine allerschönsten Stühle etwa stammen vom Sperrmüll. Und in öffentlichen Bücherschränken oder Verschenk-Kisten habe ich schon tolle Bücher entdeckt. Ich habe ein Faible für Second-Hand und finde das darüber hinaus noch nachhaltig.

Mich treiben lassen und offen sein

Noch mehr aber als dieses konkrete materielle Finden liebe ich das Finden im übertragenen Sinn: Was das ist, ist nicht leicht zu beschreiben, ich versuch‘ es mal:

Es gibt diese freien Zeiten, Stunden, im Urlaub auch mal ganze Tage, in denen es mir gelingt, mich einfach treiben zu lassen, mit offenen Augen und wachem Herzen. Neugierig und bereit, mich auf das einzulassen, was mir begegnet, was ich also finde. Hier anzuhalten, dort abzubiegen, Neues kennen zu lernen, mich begeistern zu lassen, mit Menschen ins Gespräch kommen, die mir sonst nie aufgefallen wären, neuen Ideen Raum lassen. Für mich eine Form von Glück.

Zeit- oder Leistungsdruck machen das Finden von Augenblicken unmöglich

Zeit- oder Leistungsdruck, durch-getaktete Tage, Erschöpfung oder der Wunsch, alles unter Kontrolle zu haben, machen dieses Finden von Augenblicken, Gelegenheiten und neuen Wegen unmöglich. Schon deshalb sind mir diese Zeiten des Treiben-Lassens kostbar und fast heilig.

Aufbrechen ohne Landkarte

Ein bisschen kann ich dann verstehen, was „heilige“ Menschen damit meinen, sich mit Haut und Haar ganz auf Gottes Pläne einzulassen. Das ist mir im Alltag sonst eher fremd. Ich lenke mein Leben lieber selbst.

„Aufbrechen ohne Landkarte“ sagt Madeleine Delbrel, die faszinierende Heilige unserer Zeit, die in der Nähe von Paris lebte und arbeitete – und das klingt vertraut. Vielleicht ist es ja möglich, diese Grundhaltung des Findens - und nicht des zielgerichteten Suchens - immer mehr ins Leben einzubauen?

Entdeckerin sein wie Pippi Langstrumpf

Wäre toll, wenn mir das gelänge. Nicht ständig, das kann ich nicht, aber immer wieder mal, denn wie sagt Pippi Langstrumpf:

„Die ganze Welt ist voller Sachen“ - und ich ergänze mal: und voller Ideen, Begegnungen und Wegen -  „und es ist wirklich nötig, dass jemand sie findet.“

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